Ballenstedt ist der Stammsitz der Askanier, eines der wichtigsten Geschlechter des hochmittelalterlichen und barocken Mitteldeutschlands. Viele berühmte Persönlichkeiten haben ihre Wurzeln in diesem Adelsgeschlecht: Uta von Naumburg, Albrecht der Bär, Katharina die Große und der Alte Dessauer. Sie alle bestimmten die Geschicke ihrer jeweiligen Epoche maßgeblich mit. Der erste bezeugte Askanier war Graf Esiko von Ballenstedt, der im 11. Jahrhundert lebte. Albrecht der Bär, der von etwa 1100 bis 1170 lebte, gewann durch seine konsequent betriebene Ostkolonisation die Markgrafenwürde und damit verbunden auch einen großen territorialen Zugewinn. Albrechts Sohn Bernhard erhielt 1180 die Herzogswürde in Sachsen.
In den folgenden Jahrhunderten spalteten sich die Askanier in vier Hauptlinien:
- In eine anhaltinische Linie, die die Grafen und später Herzöge von Anhalt (-Bernburg, -Köthen, -Zerbst, -Dessau, -Plötzkau) stellte und die bis 1918 regierte.
- In eine brandenburgische Linie, die 1319 ausstarb und an die Wittelsbacher überging
- In eine sachsen-lauenburgische Linie, die 1689 ausstarb und an die Welfen überging
- In eine sachsen-wittenbergische Linie, die 1422 ausstarb und an die Wettiner überging.
An der Stelle des heutigen Schlosses Ballenstedt gründete Graf Esiko einen Augustiner-Chorherrenstift. Dieses wurde durch Albrecht den Bären und seinen Vater Otto den Reichen in ein Benediktinerkloster umgewandelt. Das Jahr dieser Umwandlung ist heute nicht mehr genau feststellbar, zu unterschiedlich sind die Angaben. Das Jahr 1123 gilt dabei als das wahrscheinlichste. Bis zu dieser Zeit existierten Burg und Kloster innerhalb der gleichen Mauern nebeneinander. Noch Albrecht der Bär bezeichnete sich bis 1134 als Graf von Ballenstedt.
Aber schon mit dem Einzug der Benediktiner ließen die Askanier die Burg Anhalt über dem Selketal erbauen. Über bauliche Tätigkeiten der Benediktiner ist heute nichts mehr bekannt. Albrecht der Bär hatte als starke Persönlichkeit einen großen Anteil an der Ostexpansion des deutschen Adels. Der Machtbereich der Askanier dehnte sich dadurch immer weiter nach Norden und Osten aus. Im gleichen Maße sank aber auch die Bedeutung des ballenstedter Klosters. In den folgenden Generationen verkam das Kloster regelrecht. 1397 mussten dann sogar Wegelagerer aus ihm vertrieben werden. 1501 weckte dann das Kloster die Begehrlichkeiten des Herzogs Heinrich von Braunschweig, der aber auch vertrieben werden konnte.
1525 stürmten dann die Aufständischen des mitteldeutschen Bauernkrieges das Kloster Ballenstedt und nur ein Diener des Fürsten Wolfgang von Anhalt konnte ein Niederbrennen der Gebäude verhindern. Noch im gleichen Jahr übergab der Abt das Kloster an Wolfgang von Anhalt, der es als Anhänger des Protestantismus auch sofort säkularisierte. Vom ehemaligen Kloster sind heute noch einige sehenswerte Reste übrig.
Mit der Säkularisation begann auch die Geschichte des heutigen Schlosses Ballenstedt. Fürst Wolfgang von Anhalt ließ zuerst den Westflügel für seine gelegentlichen Aufenthalte wiederherstellen. In den folgenden Jahren wurde auch die Klosterkirche erneuert. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts diente das Schloss als Prinzen- und Witwenresidenz und so wurden wischen 1627 und 1675 einige Bauarbeiten durchgeführt. Gerade das 17. Jahrhundert war aber für die Anhaltiner eine harte Zeit. Erbteilungen belasteten das Geschlecht.
Dazu kamen die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges: Fürst Christian I. unterlag als Feldherr des böhmischen Königs Friedrich V. in der Schlacht am Weißen Berge bei Prag. Später durchzogen dann verschiedene Truppen mordend, plündernd und brennend das Land. Bergbau, Handwerk, Landwirtschaft und Handel kamen fast vollständig zum Erliegen. Auch Schloss Ballenstedt wurde im Dreißigjährigen Krieg mehrfach besetzt und ausgeplündert.
Es dauerte viele Jahrzehnte bis sich das Land von den Auswirkungen des schrecklichen Dreißigjährigen Krieges erholte. Erst zu Anfang des 18. Jahrhunderts ließ Fürst Victor Amadeus von Anhalt den Südflügel des Schlosses errichten. Der Westflügel wurde deshalb als Wohnung der fürstlichen Familie aufgegeben. Weiterhin wurden Gebäudeteile längs der Auffahrt zum Schloss errichtet. Der Sohn des Fürsten Victor Amadeus und dessen Erbe, Victor Friedrich war ein großer Liebhaber der Jagd und des Waldes. Hier im dünn besiedelten und waldreichen Unterharz fand er die besten Voraussetzungen für seine Leidenschaft. Die barocken Parforcejagden bedingten einen enormen Aufwand an Material und Ausrüstung.
1732 ließ er deshalb ein großes Zeughaus, den heutigen Hotelkomplex Großer Gasthof, errichten. Das Schloss wurde zur Jagd- und Sommerresidenz. Die Klosterkirche wurde abgerissen und an ihrer Stelle der architektonisch markante Nord- oder Kirchflügel errichtet. Neben der Wohnung des Fürsten fand auch die Schlosskirche Platz im Nordflügel. Fürst Victor Friedrichs Erbe, der ebenfalls jagdbegeisterte Friedrich Albrecht, verlegte seine Residenz endgültig von Bernburg an der Saale nach Ballenstedt.
Er ließ den Südflügel zum Wohnsitz umgestalten. Von den umfangreichen Umbauten dieser Zeit ist heute nur wenig übrig. Weitere Anbauten ließ Fürst Alexius Friedrich zu Beginn des 19. Jahrhunderts errichten. Unter anderem wurde der Nordostflügel bis zum Schlosstor verlängert. Dieser äußerst nüchtern ausgeführte Anbau weist seit 1881 auf der ortszugewandten Seite einen bemerkenswert künstlerisch ausgeführten Erker auf.
1834 begann der letzte Herzog von Anhalt, Alexander Carl, mit einer erneuten Umgestaltung des Südflügels. Die Ehe Alexander Carls mit Friederieke Caroline Juliane von Holstein-Sonderburg-Glücksburg blieb kinderlos. Alexander Carl war psychisch schwer angeschlagen und wurde über viele Jahre in Hoym interniert. Nach dem Tode des Herzogs 1863 ging der gesamte Besitz an die Dessauer Linie über, die es zeitweise als Residenz oder auch nur als Jagdschloss nutzten. Der Südflügel des Schlosses wurde bis 1902 von der Witwe des Alexander Carls bewohnt.
Am 9. November 1918 wurde durch den Prinzen Maximilian von Baden die Abdankung des Deutschen Kaisers bekanntgegeben und gleichzeitig die Regierungsgeschäfte an den Sozialdemokraten Friedrich Ebert übertragen. Noch am gleichen Tag wurde die Republik ausgerufen und der Adel damit zumindest pro Forma der Macht enthoben. Nach 1918 war das Ballenstedter Schloss Wohnsitz der Familie von Anhalt. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 wurde die Familie von Anhalt vom Schloss vertrieben und enteignet. Joachim Ernst von Anhalt wurde von den Sowjets im Konzentrationslager Buchenwald interniert, wo er auch verstarb. Sein Schicksal ist besonders tragisch, denn Joachim Ernst von Anhalt war ein entschiedener Gegner des nationalsozialistischen Regimes.
Auf dem Schloss wurde eine Forstfachschule eingerichtet. Während der Nutzung des Schlosses als Forstfachschule wurde unter anderem die bereits erwähnte Schlosskirche geräumt und in zwei Stockwerke unterteilt, in denen Klassenräume für die Fachschüler eingerichtet wurden. Nach der Wiedervereinigung kam die Stadt Ballenstedt wieder in den Besitz des Schlosses. Die Einbauten in der Schlosskirche wurden durch die Stadtverwaltung Ballenstedt beseitigt und große Teile der Innenausstattung neu beschafft. Die Kirche übt mit ihrer nüchternen aber dennoch feierlichen Ausstattung heute wieder einen besonderen Reiz auf den Besucher aus. Sehenswert ist auch die Krypta mit ihren Säulenkapitellen, die große Ähnlichkeit mit der allerdings wesentlich besser erhaltenen Krypta der Konradsburg bei Ermsleben aufweist.
Im Schloss zu Ballenstedt befindet sich auch die Grabstätte Albrechts des Bären. Nach seinem Tode im Jahre 1170 wurde der Markgraf hier bestattet. Die Grablege wurde im Dritten Reich 1938 durch den Architekten Paul Schulze-Naumburg umgebaut. Damit sollte die Grablege Albrechts des Bären einen entsprechenden Rahmen erhalten. Markgraf Albrecht galt den Nationalsozialisten als Vorreiter der Ostpolitik des Tausendjährigen Reiches . Die Architektur dieser Grabkapelle erinnert deutlich an die der SS-Ordensburgen in Süddeutschland.
Zum Schlossensemble gehören untrennbar der Große Gasthof, das Schlosstheater, der Marstall und der Schlosspark:
- Der Große Gasthof wurde, wie bereits erwähnt, 1732 als Zeughaus erbaut. 1765 wurde dieses Zeughaus in den Großen Gasthof mit zahlreichen Gästezimmern und einem großen Festsaal umgewandelt.
- Das Schlosstheater wurde 1788 unmittelbar vor dem Schlosshof errichtet. Bereits vorher gab es in Ballenstedt ein Theaterleben. Im Jahre 1852 gab es sogar ein Musikfest, das von Franz Liszt geleitet wurde.
- Den Marstall ließ 1810 Alexius Friedrich errichten. Auch am Marstall fällt die architektonische Schlichtheit, die für die Bauphase unter dem Fürsten Alexius Friedrich so typisch ist, auf.
- Der Schlosspark geht auf das Jahr 1765 zurück. Neben ästhetischen Aspekten diente er den Fürsten und Herzögen auch als Gemüsegarten und jagdliche und landwirtschaftliche Einrichtung. Im Schlosspark befanden sich daher auch eine Öl- und zwei Getreidemühlen.
Externe Links:
Die offizielle Internetseite der Stadt Ballenstedt
http://www.ballenstedt.de
Die Benediktiner in Deutschland
http://www.benediktiner.de
Die Benediktiner – WIKIPEDIA
http://de.wikipedia.org/wiki/Benediktiner
Die Benediktiner – ÖKUMENISCHES HEILIGENLEXIKON
http://www.heiligenlexikon.de/Orden/Benediktiner.htm
Der Deutsche Bauernkrieg – WIKIPEDIA
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Bauernkrieg
Fürst Wolfang von Anhalt-Köthen – ÖKUMENISCHES HEILIGENLEXIKON
http://www.heiligenlexikon.de/BiographienW/Wolfgang_zu_Anhalt.html