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Eisleben – Das Denkmal Tor der Mahnung im Stadtpark

Der Erste Weltkrieg hatte nicht wenige Opfer – immerhin fielen 835 Männer unter den Bürgern der Lutherstadt Eisleben – gefordert. An dieser Stelle sei dem Autor dieser Website ein kleiner Exkurs in die Geschichte gestattet. Der Erste Weltkrieg, der mit einer Euphorie der Bevölkerung des seit 1871 geeinten Deutschlands begonnen hatte, entwickelte sich in seinem Verlauf zum ersten echten Vernichtungskrieg. Es war nicht mehr der klassische Kampf Einheit gegen Einheit. Vielmehr wurden erstmals echte Massenvernichtungswaffen eingesetzt – andererseits kämpften Menschen im direkten Zweikampf gegen andere Menschen – brutal und mit mit primitiven Mitteln Auge in Auge.


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Die Kriegsgegner übertrafen sich erstmals mit dem Einsatz von Panzern, Flugzeugen und weitreichenden Geschützen, dazu kam der allgegenwärtige Einsatz von ätzenden Giftgasen, der tausende Opfer forderte. Für diesem Terror war keine der kriegsführenden Seiten wirklich gerüstet. Für ein paar hundert Meter Geländegewinn wurden auf allen Seiten tausende Soldaten in den Tod geschickt. Ganze Landschaften in Frankreich und Belgien wurden auf Jahrzehnte verwüstet.

Im Schützengaben überwiegte im Gegensatz dazu jedoch nicht der Krieg der Hochtechnologie – im Kampf Mann gegen Mann waren der Grabendolch und besonders der Feldspaten probate Mittel, um das eigene Überleben zu sichern – das war erstmals Hightech vs. Steinzeit, aber damals alltägliche Praxis! Wie nicht anders zu erwarten, sollte sich die Großmäuligkeit der Herrschenden in Österreich und Deutschland bald in Millionen von Toten und Kriegsversehrten, enormen Gebietsverlusten und hohen Reparationszahlungen rächen – und der Erste Weltkrieg ging für Deutschland und Österreich mit einer schmachvollen Niederlage zu Ende.

Bild: Kriegergrab aus dem Ersten Weltkrieg auf den Alten Friedhof, dem campo santo, in Eisleben

Der Krieg mit all seinen Leiden grub sich in das Gedächtnis der Menschen ein. Bald nach Ende des Ersten Weltkrieges beschäftigte sich die Arbeitsgemeinschaft Vaterländischer Verbände mit der Errichtung eines Ehrenmales für die Gefallenen. Im Juli 1924 wurde ein Ausschuss für die Errichtung eines Ehrenmales ins Leben gerufen, der aus den Unterausschüssen für Finanzen, Werbung, Presse und Bau bestand. Als fachmännischer Berater wurde der Bildhauer Paul Schulze-Naumburg berufen, der sich mit verschiedenen Denkmälern und Skulpturen einen ausgezeichneten Ruf verschafft hatte. Es wurde seitens des Ausschusses eine Ausschreibung für den Entwurf eines Ehrenmales gestartet.

Der Ausschuss informierte den Magistrat der Stadt Eisleben über seine Pläne und bat um Zustimmung und Förderung des Vorhabens. Als Platz für das Ehrenmal wurde der Stadtpark vorgeschlagen. Im Juni 1925 erklärte sich der Magistrat auch bereit einen entsprechenden Bauplatz zur Verfügung zu stellen. Bereits zwei Monate später erklärte der Magistrat jedoch, man wolle die Gefallenen durch den Neubau eines Sport- und Spielplatzes ehren. Dieser Vorschlag wurde jedoch von Seiten der Vaterländischen Verbände abgelehnt. Die Verbände ersuchten beim Magistrat um weitere Verhandlungen.

Was nun geschah, kann mit den Auswüchsen der Bürokratie in unserer Zeit durchaus mithalten. Mitte November 1925 erklärte der Oberbürgermeister Eislebens, Martin Clauß, dass er vom Magistrat beauftragt wurde, weitere Verhandlungen mit den Verbänden zu führen. Weiter tat sich erst einmal nichts. Als dann Ende November die Verbände eine entsprechende Anfrage stellten, erklärte der Magistrat Mitte Januar 1926, dass man einen schriftlichen Antrag benötige, da man sonst nicht Stellung nehmen könne.

Ende Januar 1926 beschloss dann der Magistrat seinerseits die Errichtung eines Ehrenmales für die gefallenen Soldaten der Stadt Eisleben. Da allerdings die Vaterländischen Verbände bereits eine beträchtliche Summe Geldes gesammelt hatten, war man sich nicht zu Schade, die Verbände um die Einreichung von Entwürfen zu ermuntern. Die letztendliche Entscheidung über die Ausführung des Ehrenmales machte der Magistrat jedoch ausdrücklich von seiner Zustimmung abhängig und ein weiterer Ausschuss wurde gebildet.

Es wurde eine große Zahl an Entwürfen eingereicht, die Ende November 1926 in der Aula der Oberrealschule ausgestellt wurden. Die Stadt bewilligte einmalig eine Summe von 15.000,- Reichsmark für die Errichtung des Ehrenmales – und die Sache ruhte wieder bis zum März 1928. Das war der Zeitpunkt, an dem die in unendlicher Geduld geübten Vaterländischen Verbände mal wieder beim Magistrat nachfragten, wie der Stand der Dinge um das Ehrenmal gediehen sei. der Magistrat teilte lapidar mit, dass keine weiteren Schritte unternommen worden seien, man aber im nächsten Haushalt weitere 15.000,- Reichsmark bereitstelle. Übrigens plane man die Einrichtung eines weiteren Ausschusses.

Nach der für die bisherigen Verhältnisse kurzen Reaktionszeit von etwas über einem halben Jahr gab der Magistrat im November 1928 eine Pressemitteilung heraus, dass die Errichtung des Ehrenmales nun verwirklicht würde. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte für die Freigabe der angeforderten Finanzmittel. Im Überschwang wurde im Januar 1929 verkündet, das die Denkmalweihe bereits am Totensonntag – also im November – des selben Jahres stattfinden soll.

Beamte und Verwaltungen würden aber ihrem legendären Ruf nicht gerecht werden, wenn alles ohne Hürden ablaufen würde. Erst einmal passierte nämlich wieder ein halbes Jahr gar nichts, bis am 5. Juli 1929 ein weiterer Ausschuss gegründet wurde. Auch dieser Ausschuss ruhte bis Mitte September 1929 – und erst durch den persönlichen Einsatz des Stadtverordneten Keller, der in einer emotionalen Rede die Abgeordneten aufrüttelte, wurde er aktiv.

Den Zuschlag für das Ehrenmahl bekam der Entwurf TOR DER MAHNUNG des in Halle lebenden Bildhauers Richard Horn. Der hatte bereits in der Ausschreibung des Jahres 1926 den zweiten Platz belegt. Allerdings hatte die Entschlussfreudigkeit des Ausschusses auch hier wieder seine Grenzen: Man ließ zusätzlich von weiteren Künstlern Modelle anfertigen, um sie zu begutachten. Nach erneuter und eingehender Beratung entschied sich der Ausschuss endgültig für Horns Entwurf – allerdings ohne sich auf ein Material festzulegen.

Behauener Stein war der Kommission zu teuer und so wurden als Materialien Beton, Klinkerstein- oder Werksteinverkleidung und Keramik vorgeschlagen. Das TOR DER MAHNUNG sollte auf dem höchsten Punkt des Karl-Eitz-Weges errichtet werden. Damit begann ein erneuter Streit – diesmal mit dem Reichsbanner, der eine solche Art eines Ehrenmales strikt ablehnte.

Nach weiteren Diskussionen, bei denen es im Wesentliche um den Standort des Ehrenmales und um seine Verkleidung ging, kam es zu folgender Einigung:

Am 24. November 1929 – es war der Totensonntag – fand die feierliche Grundsteinlegung zur Errichtung des Ehrenmales TOR DER MAHNUNG statt. Anwesend waren neben Vertretern des Magistrats auch Abgesandte der evangelischen und katholischen Kirchen sowie der jüdischen Gemeinde Eislebens. In den Grundstein wurde eine aus Kupfer getriebene Kapsel mit einer Urkunde, diversen Tageszeitungen, Münzen, Geldscheinen und Uniformknöpfen eingelassen.

Bei dieser Geste blieb es. Erst 1332 fragten die Vaterländischen Verbände wiederum bei der Stadtverwaltung wegen des Ehrenmales an. Die Verbände wollten nun den Bau selbst in die Hand nehmen und finanzieren. Der Magistrat lehnte eine Finanzierung ab – es war Weltwirtschaftskrise. Dennoch gingen auf den vaterländischen Verbänden eingerichteten Spendenkonten reichlich Beträge ein und auch zusätzlich veranstaltete Sammlungen brachten Geld ein – und so konnte mit dem Bau zügig begonnen werden.

Die Bauleitung übernahm Heinrich Polenz ein ehemaliger Sägewerkbesitzer aus Helfta. Er wurde durch den Steinmetzmeister Arno Weber und den Maurermeister Hermann Telle unterstützt. Da seit der ersten Grundsteinlegung bereits drei Jahre vergangen waren, wurde eine neue Kupferkapsel angefertigt und mit allen seit der Zeit veröffentlichten Zeitungsartikeln über das Ehrenmal gefüllt. Auch eine neue Urkunde wurde geschrieben und in die Kapsel gelegt.

Bild: Das Denkmal Tor der Mahnung in der Lutherstadt Eisleben.

Bild: Das Denkmal Tor der Mahnung in der Lutherstadt Eisleben.

Bild: Inschrift am Tor der Mahnung in Eisleben: „Lasst einen Augenblick die Hast des Tages ❖ Gedenkt der Brüder die für euch ihr Leben gaben“.

Bild: Die linke Figur am Tor der Mahnung verkörpert die trauernde Mutter oder Ehefrau – aber aufrecht und sich in das Unvermeidliche fügend.

Bild: Die linke Figur am Tor der Mahnung verkörpert die trauernde Mutter oder Ehefrau – aber aufrecht und sich in das Unvermeidliche fügend.

Bild: Die linke Figur am Tor der Mahnung verkörpert die trauernde Mutter oder Ehefrau – aber aufrecht und sich in das Unvermeidliche fügend.

Bild: Die rechte Figur am Tor der Mahnung in Eisleben verkörpert den jungen Bergarbeiter als Symbol der Hoffnung in die Zukunft.

Bild: Die rechte Figur am Tor der Mahnung in Eisleben verkörpert den jungen Bergarbeiter als Symbol der Hoffnung in die Zukunft.

Bild: Die rechte Figur am Tor der Mahnung in Eisleben verkörpert den jungen Bergarbeiter als Symbol der Hoffnung in die Zukunft.

Am 20. November 1932 – es war wieder der Totensonntag – fand die feierliche Einweihung des Ehrenmales TOR DER MAHNUNG statt. Alle Bauarbeiten wurden von freiwilligen Helfern erbracht. Die Skulpturen schuf der Bildhauer Richard Horn persönlich. Am Tag der Weihe versammelte sich eine stattliche Anzahl Eislebener am Ehrenmal. Das und die vielen Spenden zeigte, wie wichtig den Eislebenern das Gedenken an ihre gefallenen Angehörigen war. Letztlich hatte privates Engagement wieder über die Trägheit und Gleichgültigkeit eines Verwaltungsapparates gesiegt. Immerhin ließ es sich Bürgermeister Dr. Waltsgott nicht nehmen, in einer Rede das Denkmal unter den Schutz der Stadtverwaltung zu stellen.

Externe Links:
Richard Horn – WIKIPEDIA
http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Horn_(Bildhauer)

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