Im Jahre 1950 wurde der 750. JAHRESTAG DES BESTEHENS DES MANSFELDER BERG- UND HÜTTENWESENS gefeiert. Aus diesem Anlass machte der damalige Bürgermeister der Wipperstadt Hettstedt – Fritz Werthmann – am 6. Februar 1949 in einem Brief an den Hauptdirektor der VVB ® MANSFELD – Alfred Dümke – ((Genau genommen nannte sich die VVB ® MANSFELD Vereinigung Volkseigener Betriebe zur Produktion und Verarbeitung von Kupfer und Zink. Ihr erster Hauptdirektor war Alfred Dümke.)), den Vorschlag, ein Denkmal für die Berg- und Hüttenleute zu errichten. Nach der Vorstellung des Bürgermeisters Wertmann sollte es sich um einen Springbrunnen handeln, auf dessen Rand stilisierte Berg- und Hüttenleute liegen und sitzen sollten. Die VVB Mansfeld sollte das Vorhaben mit Material unterstützen.
Hauptdirektor Dümke ignorierte das Anschreiben des Hettstedter Bürgermeisters erst einmal. Dafür gab vermutlich mehrere Gründe. Zum einen war der Kupferschieferbergbau schon gegen Ende des Zweiten Weltkrieges stark eingebrochen. Dann wurde die MANSFELD AG als Reparationsleistung in sowjetischen Besitz überführt. Die Rückübereignung an das Land Sachsen-Anhalt erfolgte aber schon im Jahre 1947. Am 01.01.1949 wurde die VVB MANSFELD gegründet. Hauptdirektor Dümke hatte von daher alle Hände voll zu tun, um eine Struktur in seinen Betrieb und seine Mitarbeiter auf den neuen sozialistischen Kurs zu bringen.
Zudem gab es auch in Eisleben und Sangerhausen Vorbereitungen für Festlichkeiten zum 750jährigen Jubiläum. Dümke wollte sicher auch einen Alleingang des Hettstedter Bürgermeisters verhindern. Diese Vorsicht war in den damaligen Zeiten in der stalinistisch geprägten sowjetischen Besatzungszone geboten. Hauptdirektor Dümke tat gut daran, sich alle Schritte für die Vorbereitung des Festes von seinen vorgesetzten Stellen genehmigen zu lassen. Nicht zuletzt war Hettstedt zu dieser Zeit politisch der wesentlich kleineren Stadt Mansfeld unterstellt, denn Mansfeld war der Sitz des Landrates des Mansfelder Gebirgskreises. Das unterschied Hettstedt doch deutlich von Eisleben und Sangerhausen.
Aber bereits am 17. März 1949 schrieb Fritz Werthmann den zweiten Brief an Hauptdirektor Dümke. Diesmal bat Werthmann nicht nur um Material für das Denkmal, sondern auch um Fertigprodukte der MANSFELD für sein Stadtmuseum. In der Zwischenzeit hatte Bürgermeister Werthmann bereits vorausschauend gehandelt. Am 6. Februar 1949 wurde das Denkmal auf dem Markt in den Zweijahresplan aufgenommen. Außerdem kam es zu einer öffentlichen Aufforderung an die Hettstedter, Entwürfe für das Hettstedter Denkmal abzugeben und das Projekt zu unterstützen. Der erste Entwurf kam vom Bäckermeister Otto Reinhardt, der sein Geschäft am Johannistor hatte. Dieser Entwurf schien allerdings auf der Ebene des Bürgermeisters niemanden zu interessieren. Reinhardt blieb hartnäckig, änderte seien Entwurf ab und wandte sich sogar an die VVB und den technischen Direktor des Walzwerkes Hettstedt.
Ein weiterer Entwurf wurde vom Halleschen Bildhauer Richard Horn eingereicht. Offensichtlich fand dieser Entwurf sofort die Zustimmung des neuen Bürgermeisters von Hettstedt Kaiser. Fritz Werthmann war im Oktober 1949 verstorben. Richard Horn hatte zu dieser Zeit bereits einen hervorragenden Ruf, denn von ihm stammt in der näheren Umgebung auch das TOR DER MAHNUNG in Eisleben sowie das DENKMAL FÜR DIE OPFER DES FASCHISMUS in Wansleben am See. Am 27. März 1950 waren sich die Stadt Hettstedt und der Bildhauer Richard Horn einig. Der Auftrag wurde für 10.636,95 DM vergeben, Transportkosten und vorbereitende Arbeiten nicht eingerechnet.
Die Missstimmung zwischen der VVB MANSFELD und der Stadt Hettstedt bezüglich des Denkmals war offenbar immer noch nicht ausgeräumt. Das Denkmal sollte nur noch aus behauenen Steinen bestehen und nicht mehr aus Kupfer oder Bronze. Für die Verbindung der Werksteine wurden aber 30 Kupferklammern mit einer Gesamtmasse von 10 Kilogramm sowie Bleistreifen mit einer Gesamtmasse von 12 Kilogramm benötigt. Die VVB MANSFELD sah sich jedenfalls außerstande, das Denkmal – das ja schließlich insbesondere ihre Tradition ehren sollte – mit der geringen Menge Kupfer und Blei zu unterstützen. Diese beiden Materialen kamen schließlich vom Walzwerk Hettstedt, dessen Direktor Trost sich sofort in Lage sah, zu helfen. Der Warenbegleitschein wurde von ihm persönlich unterschrieben!
Da sich die Beschaffung der Werksteine aus dem Steinbruch in Rochlitz als unproblematisch erwies und deren Bearbeitung voranging – und nicht zuletzt die leidigen Kupferklammern und Bleistreifen gesichert waren – stand dem Aufbau des Ehrenmales für die Mansfelder Berg- und Hüttenmänner in Hettstedt nichts mehr im Wege. Die Einweihung des Ehrenmales wurde für Samstag, den 2. September 1950, angesetzt – mit einer Festrede „eines Vertreters der Regierung der DDR“, so das Festplakat. Der Festredner war niemand geringerer als Otto Grotewohl, der die Zwangsvereinigung von SPD und KPD in der SBZ mitgetragen hatte und mittlerweile zum Ministerpräsidenten der DDR avanciert war. In Eisleben, wo weit mehr geboten wurde, war übrigens Wilhelm Pieck – der Staatspräsident der DDR – anwesend. Das ist irgendwie bezeichnend, denn obwohl Grotewohl und Pieck pro Forma gleich hochgestellt waren, spielte Pieck immer die wichtigere Rolle.
Für die Hettstedter war der 2. September 1950 ganz sicher ein ereignisreicher Tag:
- Wecken war um 7:00 Uhr durch verschiedene Spielmannszüge
- Um 9:00 Uhr wurde das Heimatmuseum am Brauhaus eingeweiht.
- Zeitgleich wurde von 9:00 Uhr bis 10:00 Uhr auf dem Marktplatz ein Platzkonzert gegeben.
- 10:00 Uhr fand die Eröffnung einer Kunstausstellung statt.
- 11:00 Uhr mussten Otto Grotewohl und die anderen Ehrengäste jubelnd empfangen werden.
- 11:30 wurden verschiedene Friedensmärsche von den Hettstedter Betrieben aufgestellt, deren Teilnehmer allesamt an Ministerpräsident Grotewohl auf dem Markt vorbeizumarschieren hatten. Das ganze zog sich laut Festprogramm bis 14:00 Uhr hin.
- Um 14:00 Uhr wurde eine Friedenskundgebung auf dem Markt abgehalten.
- Danach Fanfaren, ein Chor, eine Rede eines Gewerkschaftsfunktionärs, dann noch die eines Aktivisten.
- Die Festansprache des Ministerpräsidenten Otto Grotewohl.
- Noch ein Chor.
- Die Enthüllung des Bergbaudenkmals.
- Die Übernahme des Bergbaudenkmals durch den Bürgermeister von Hettstedt.
- Absingen der Nationalhymne.
- 16:00 Uhr Laienkunstveranstaltungen auf dem Markt.
Ob sich der Bildhauer Richard Horn dieses Programm angetan hat und bei der Denkmalweihe anwesend war, ist nicht überliefert. Mit dem Bergbaudenkmal in Hettstedt hat er jedenfalls ein zeitloses Ehrenmal geschaffen, dass mit seiner Architektur und Bildaussage so gar nicht in die stalinistische Epoche seiner Entstehungszeit passt. Bis heute prägt das Bergbaudenkmal den Markt von Hettstedt.
Externe Links:
Otto Grotewohl – WIKIPEDIA
http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Grotewohl
Richard Horn – WIKIPEDIA
http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Horn_(Bildhauer)
Weiterführende Literatur:
Verein Mansfelder Berg- und Hüttenleute e.V. (Hrsg.)
MANSFELD Die Geschichte des Berg- und Hüttenwesens
Band 4
Verein Mansfelder Berg- und Hüttenleute e.V. Luth. Eisleben und
Deutsches Bergbau-Museum Bochum, 2011
ISBN 3-937203-50-8
ISBN 978-3-937203-50-8