Das an der heutigen B80 zwischen Halle und Eisleben liegende kleine Gemeinde Wansleben am See birgt ein für viele unbekanntes geschichtliches Geheimnis: In den ehemaligen Schächten NEUMANSFELD und GEORGI kämpften ab dem Jahr 1943 KZ-Häftlinge um ihr Leben. Doch kurz zur Vorgeschichte: Im Verlauf des dritten und vierten Kriegsjahres wurde die alliierte Bombenoffensive immer mehr zum Problem für das Dritte Reich. Nicht nur, dass in den Städten unzählige Wohnungen zerstört wurden und die Bewohner dadurch obdachlos wurden, auch wichtige Kulturgegenstände und besonders Rüstungsprodukte wurden Opfer der Bomben oder von Brand- und Folgeschäden ((Als die alliierte Bomberoffensive im Jahre 1942 massiv an Schwung gewann, kam es im nationalsozialistischen Deutschland zu ernsten Problemen. Die durch den Arbeitskräfte- und Rohstoffmangel sowieso angespannte Rüstungsproduktion kam in ernste Schwierigkeiten. Die Produktion wurde so wie sie aus den Werkhallen kam wieder vernichtet und so musste man die Produktion soweit möglich unter Tage verlegen den die von Hitler propagierte FESTUNG EUROPA hatte schlicht und einfach kein Dach. Die Bombardierung von Städten hingegen konnte nicht die erwünschten Erfolge erzielen, auch wenn zum Beispiel die Nürnberger oder Hamburger Altstadt fast hundertprozentig zerstört, wurden so stand die Bevölkerung weiter hinter den Nationalsozialisten.)).
So begann im Sommer 1943 die hallesche Akademie LEOPOLDINA mit der Suche nach einem bombensicheren Platz für ihre wertvolle Bibliothek und wurde im etwa 20 Kilometer entfernt von Halle liegenden Wansleben fündig. Schon im Oktober desselben Jahres begann die Einlagerung der über 500 Kisten in dem Stollensystem. Allerdings beschlagnahmte die SS schon Anfang des nächsten Jahres das Gelände, um es für eigene Zwecke zu nutzen. Unter dem Tarnnamen A6 wurden einige Hundert Häftlinge aus dem Konzentrationslager oder KZ Buchenwald und anderen Konzentrationslagern unter unmenschlichen Bedingungen in die Kleinstadt gebracht und mussten dort die unterirdische Produktion vorbereiten. Die Arbeits- und Lebensbedingungen waren wie in allen anderen Konzentrationslagern äußerst brutal und heute fast nicht mehr vorstellbar.
Unmenschliche Behandlung durch die Wachposten und auch teilweise durch die Deutschen Vorarbeiter, gefährliche Arbeitsbedingungen und lange Arbeitszeiten sowie die unzureichende Ernährung sorgten schnell dafür, dass die Anzahl der Arbeiter sehr schnell abnahm. Als die Produktion starten konnte, holten die SS-Schergen aus den KL´s vor allem Facharbeiter, die hier Teile für die Vergeltungswaffen V1 und V2 sowie für die Flugzeugproduktion der Firmen Messerschmidt und Junkers herstellten.
Bis zu 2000 Menschen leisteten hier Zwangsarbeit. Kurz vor Ende des Krieges begann am 12. April in der frühe der Abmarsch der Häftlinge um sie vor den anrückenden Amerikanern zu verbergen. Schwache Häftlinge, die dem anstrengenden Marsch in Richtung Norden nicht mehr gewachsen waren, wurden, einfach am Wegesrand erschossen. Als die amerikanische 104. Infanteriedivision TIMBERWOLVES der US Army unter General Hodges zwei Tage später – am 14. April – das Lager erreichte, fand man die im Lager zurückgelassenen Häftlinge in einem furchtbaren Gesundheitszustand oder bereits tot vor ((Das Außenlager Wansleben war das zweite Konzentrationslager nach DORA bei Nordhausen, das von den TIMBERWOLVES im April 1945 entdeckt wurde. Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, dass sich das Verhältnis der neuen Besatzungsmacht zur deutschen Bevölkerung verschlechterte.)).
Kurz nach Kriegsende im Jahre 1946 wurde an der Stedtener Straße durch die nun sowjetischen Besatzer ((Während der Konferenz von Jalta vom 4. bis zum 11. Februar 1945 wurde festgelegt, das Deutschland nach dem Krieg in vier Besatzungszonen – einer amerikanischen, einer britischen, einer französichen und einer sowjetischen aufgeteilt wird. Das Gebiet der ehemaligen DDR wurde – soweit es von den amerikanischen Truppen während der Kriegshandlungen erobert wurde – an die Sowjetunion übergeben. Die Amerikaner zogen ab und wurden durch sowjetische Truppen ersetzt. Das Resultat war im Endeffekt ein wirtschaftlich und politisch geteiltes Deutschland, das 1949 in der Gründung einer BRD und einer DDR in zwei grundlegend verschieden orientierte Machtblöcke zerfiel.)) ein Denkmal des Hallenser Bildhauers und Künstlers Richard Horn eingeweiht. Interessant ist, dass selbst zu Zeiten der DDR – die sich ja immer antifaschistisch positionierte – sich offenbar niemand wirklich für die Geschichte des Konzentrationslagers interessierte. Im Gegenteil: Von offizieller Seite wurde der Mantel des Schweigens über die Vorgänge in Wansleben gebreitet. Warum dies so war, lässt sich nach so langer Zeit wohl nicht mehr herausfinden.
Auf dem Friedhof von Wansleben am Hutberg befinden sich heute mindestens ein Massengrab mit russisch oder polnisch klingenden Namen im Südteil der Anlage. Dann gibt es eine Reihe mit 13 Einzelgräbern im Nordwestteil mit einem wahrscheinlich in der Notzeit nach dem Krieg arg provisorisch aufgestelltem Gedenkstein, auf dem soweit bekannt die Namen der verstorbenen Häftlinge vermerkt sind. Bei allen Grabstätten fällt auf das sie sehr gepflegt sind. Ob dies durch die Initiative einzelner Bürger, durch Vereine oder die Gemeinde selbst geschieht, war bei einem Besuch des Friedhofes im April 2011 nicht ersichtlich.