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Der Bergmann im Mansfelder Revier in historischer Zeit

Auf seinem oft weiten Fußweg zum Schacht oder zum Haltepunkt der Werkbahn – der so genannten Geikelmannsbahn – war der Bergarbeiter im Mansfelder Land schon äußerlich erkennbar: seine Arbeitskleidung war gleichzeitig die Wegbekleidung. Im Winter trug er zusätzlich eine einigermaßen wärmende Jacke, die er dann in der Revierstube ablegte. Separate Umkleide- und Waschräume gab es erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Siehe dazu auch ((Die aufwändig gearbeitete und empfindliche Berguniform wurde nur zu besonderen Anlässen getragen. Umkleide- und Waschräume, die sogenannten Kauen, wurden erst im 19. Jahrhundert auf den Schächten eingerichtet. In den Kauen wurde die Kleidung an Stahlseilen unter die Decke gezogen. Auf diese Weise konnten die oft nassen Arbeitssachen bis zum Beginn der nächsten Schicht trocknen. In den Kauen wurde die Diensthierarchie streng eingehalten: es gab Steiger- und Häuerkauen. In der Museumsschachtanlage „Rammelsberg“ in Goslar im Oberharz können diese Kauen lebensecht besichtigt werden. Nähere Informationen zur Besichtigung dieser Anlage finden Sie unter http://www.rammelsberg.de.)).

Bild: Häuer und Steiger im Mansfelder Revier. Dieses Bild ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist.

Bild: Häuer und Steiger im Mansfelder Revier.
Dieses Bild ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist.

Im Rucksack hatte er die für seine körperlich schwere Arbeit absolut erforderliche Verpflegung, also Essen und Trinken. Zum Frühstück gab es eine kräftige Doppelschnitte Brot, die im Mansfeldischen auch heute noch so genannte Bumme, Bemme oder Schachtwacke. Für seine oft zahlreichen Kinder musste er etwas mehr Brot mitnehmen, als er selbst verbrauchte, doch dazu später mehr. Außerdem führte er das für die Erzeugung von Licht unerlässliche Karbid mit sich. Um die Verhältnisse der Wegstrecken zu verdeutlichen: Der Bergmann war oft stundenlang bis zu seinem Schacht oder – wenn er ungünstig wohnte – der Haltestelle der Werkbahn unterwegs, und das bei Sturm, Regen oder Schnee. Unter den mitteldeutschen geografischen Gegebenheiten fast immer jedenfalls bei Dunkelheit.

Im Mund hatte der Bergmann in der Regel seine Tabakspfeife, die er auch bei der Arbeit nicht herausnahm. Wichtig war auch sein „Fahrhut“, der wie eine Uniformmütze wirkte. Ein weiteres Erkennungsmerkmal, insbesondere älterer Bergleute war die Schiefstellung seines Halses. Die Streb- und damit Arbeitshöhe unter Tage war auf 40 Zentimeter begrenzt, so dass die Bergleute nur auf der Seite liegend arbeiten konnten. Diese extreme Zwangshaltung führte im Laufe der Jahre zur Verkrümmung der Halswirbelsäule. Daraus entstand der Begriff „Mansfäller Krummhälse“.

Arbeitsschutzmittel waren so gut wie nicht vorhanden. Das Bild oben zeigt exemplarisch die Arbeitsbekleidung der Bergleute. Das ärmellose Hemd und die Hose waren aus – für damalige Verhältnisse – strapazierfähigem Material. Als Beinschutz dienten Knieschützer aus Leder, später auch aus Gummi. Gegen die Nässe und Kälte des Gesteins half bei liegender Tätigkeit ein Brett und bei sitzender Tätigkeit das so genannte Arschleder ((Früher wurden die Schächte nicht in so große Tiefen geteuft, wie in den letzten Bergbaujahren, so dass die Temperaturen vor Streb eher gering waren. Selbst mit Arschleder hat sich mancher Bergmann im feucht-kalten Klima satte WINTERKIRSCHEN – also Hämorrhoiden – geholt.)). Ein Helm – heute allgemein als Schutz gegen herabfallende Gegenstände vorgeschriebenes Arbeitsschutzmittel – war unbekannt. Der Bergmann trug einen Fahrhut aus Filz. Erst 1930 wurden Fahrhüte aus Leder oder Gummi verwendet. Eine wichtige Sicherheitseinrichtung in den Mansfelder Schächten waren Ratten, die wegen ihrer sensiblen Sinne mit unter Tage genommen wurden. Bei Gefahr fingen die Ratten an zu quieken ((Noch heute gibt es den Begriff „Eine Ratte quieken lassen!“. Wenn die Bergleute keine Lust hatten, ließ man eben die Ratte quieken. Es wurde dabei gelegentlich behauptet, dass die Ratten „Alarm“ geschlagen hatten. Der Schacht wurde vom Steiger wegen Gasalarmes geräumt, da Sicherheit Vorrang hatte. Die Bergleute gingen dann aber nicht nach Hause, sondern betranken sich in der nächsten Kneipe mit „Kumpeltod“, dem billigen, weil subventionierten Schachtschnaps. Das kam natürlich nicht jeden Tag vor, denn die Bergleute arbeiteten im Akkordlohn und wenn kein kupferhaltiges Erz gefördert wurde, konnte auch nichts verdient werden.)).

Nach seiner anstrengenden Schicht unter Tage trat der Bergmann seinen weiten Heimweg an. Er wurde oft von seinen immer hungrigen Kindern empfangen, die auf ein HASENBROT warteten. Das HASENBROT war das übrig gebliebene Brot, das die Kinder mit großem Appetit verzehrten ((Meine Eltern – ich bin Jahrgang 1971 – arbeiteten nicht unter Tage. Mein Vater war Elekroingenieur und meine Mutter Betriebskrankenschwester in der Mansfeld. Aber auch für mich war es als Kind das höchste, abends ein HASENBROT zu essen.)). Zu Hause gab es ein einfaches, aber nahrhaftes Abendessen. Das konnte zum Beispiel ein Graupeneintopf mit Räucherrippe sein ((Graupen werden aus Gerste hergestellt. Sie müssen nur kurz kochen und schmecken mit reichlich durchwachsenem und geräuchertem Schweinefleisch und frischem Gemüse als Eintopf meiner Meinung nach himmlisch. In Tirol ist dieser Eintopf übrigens auch als Gerstensuppe bekannt. Graupen lassen sich übrigens auch hervorragend mit weißen Bohnen (und selbstverständlich dem besagten geräuchterten Fleisch!) kombinieren. Das ergibt einen richtig dicken und breiigen Eintopf, der mit einer Scheibe Vollkornbrotes richtig satt macht. Wenn es dann noch ein Wippraer Bier dazu und einen Wiedaer Schmiedefeuer danach gibt, ist die Welt schwer in Ordnung …)).

Sozial waren die Bergleute bereits im späten Mittelalter vergleichsweise gut gestellt. Bergordnungen regelten die Bezahlung und die Arbeitszeit. Bereits im 19. Jahrhundert lagen die Sozialleistungen der Mansfelder Bergleute über dem Durchschnitt. Jeder Bergmann konnte eine kleine Fläche Ackerlandes billig pachten, das ihm die Haltung einer Ziege, die spöttisch „Bergmannskuh“ genannt wurde, und eines Schweines ermöglichte. Damit war zumindest eine gewisse Grundversorgung mit Milch und Fleisch garantiert.

Das gleiche gilt für die Versorgung mit Gemüse und Kartoffeln. Die Mansfelder Zechen gaben einige Geldsummen dafür aus. Ohne die direkte Pacht bei der Zeche hätten die Bergleute kaum eine eine Möglichkeit gehabt, ihre Eigenversorgung mit Lebensmitteln weitreichend zu sichern. Zusätzlich gab es auch ein Deputat an preiswertem Getreide, dessen Preis festgesetzt war und keinen Marktschwankungen unterlag. Daran erinnern heute noch die so genannten Kornflaschen in Friedeburgerhütte im Kreis Mansfeld-Südharz.

Am Ende des 19. Jahrhunderts erhielten die Bergleute unter Tage kostenlosen Kaffee. Damit wurde zum einen der Genuss des Schachtschnapses, dem so genannten Kumpeltod, während der Arbeit eingeschränkt. Andererseits wurden die Bergleute auch vom Trinken des ungesunden gipshaltigen Wassers unter Tage abgehalten.

Für die Schaffung eigenen Wohneigentumes wurden Baudarlehen vergeben. Der Zinssatz betrug 1890 nur 3 Prozent, nach fünf Jahren noch 1 Prozent. Aus diesen Mitteln wurden einige tausend Häuser im Mansfelder Land gebaut. Neu zugezogene Bergleute konnten in so genannten Schlafhäusern zur Miete wohnen. Die Größe der Zimmer in den Schlafhäusern betrug nur etwa 10 Kubikmeter.

In den Schlafhäusern war gegen ein geringes Geld auch eine Vollversorgung mit Essen gesichert. Das Leben in diesen Schlafhäusern war streng geregelt. Neben der Hausordnung, die genau eingehalten werden musste, wurden noch besondere Vorkehrungen getroffen, um die Ausbreitung der damals verbreiteten Tuberkulose zu verhindern. Geleitet wurden diese Schlafhäuser durch so genannte „Menagemeister“.

Verheiratete Bergleute konnten in den etwas geräumigeren Familienhäusern, wie man sie heute noch in Leimbach oder Großörner besichtigen kann, unterkommen. Diese Familienhäuser hatten neben Wohnräumen auch Lager- und Stallräume. Am Ende des 19. Jahrhunderts betrug die Miete für diese Wohnungen je nach Größe zwischen 30 und 100 Mark.

Insgesamt wurden zwischen 1863 und 1903 folgende Geldbeträge für die Ansiedelung der Bergleute bereit gestellt:

Bereits frühzeitig wurden Krankenhäuser für die Bergleute eingerichtet. Die Arbeit unter Tage, aber auch auf den Hütten und Walzwerken, war gefährlich und damit auch schwere Verletzungen alltäglich. So wurde 1894 das Krankenhaus Bergmannstrost in Halle an der Saale in Betrieb genommen ((Auch damals waren Privatpatienten bzw. Bergbeamte und Werksbesitzer und Kassenpatienten streng getrennt. Die Kassenpatienten hatten sich mit Krankensälen zu begnügen, in denen 25 Personen lagen.)). Nicht minder wichtig war das Bergmannskrankenhaus in der Lutherstadt Eisleben.

Übrigens richtete die Mansfeld bereits vor dem Jahr 1900 eine Sparkasse ein. Die Einlagen der Bergleute wurden mit für heutige Verhältnisse nicht einmal schlechten 3.6 Prozent verzinst. Noch einmal zur Erinnerung: Der Zinssatz für ein Baudarlehen betrug damals seitens der Mansfeld nur 3 bzw. 1 Prozent.

Noch heute säumen hunderte von Häusern, die aus den Ersparnissen der Berg- und Hüttenleute erbaut wurden, die Straßen der Städte und Dörfer des Mansfelder Landes. Für die Einlage haftete die Mansfeld übrigens mit ihrem gesamten Vermögen. Klar ist aber auch, dass sich die Bergleute diese Leistungen erkämpfen mussten. Später wird den Eigentümern der Zechen aber auch bewusst geworden sein, dass nur ein gesunder und kräftiger Bergmann satte Gewinne einfahren kann.

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