Thomas Müntzer wurde etwa 1490 in Stolberg im Harz geboren. Seine Eltern dürften nicht unvermögend gewesen sein. Von 1506 bis 1512 studierte er Theologie in Leipzig und Frankfurt an der Oder. Ab 1514 hatte er mehrere Pfarrstellen, unter anderem in Braunschweig. 1516 und einen Teil des Jahres 1517 war er Propst an der Stiftskirche Frose. Noch im gleichen Jahr war Müntzer an der Universität Wittenberg eingeschrieben, an der er bis 1518 studierte. Hier hatte er wahrscheinlich Kontakt zu Martin Luther und anderen zeitgenössischen Persönlichkeiten.
1520 wurde er durch Vermittlung Martin Luthers Pfarrer im sächsischen Zwickau. Seine Predigten gegen die Franziskaner schadeten seinem Ansehen bei den Ratsherren nicht. In Zwickau wurde Thomas Müntzer auch mit den Ideen der Chiliasten bekannt gemacht ((Der Chiliasmus (griech. chilioi: Tausend) geht von einer tausendjährigen Herrschaft Christus am Ende der Welt aus. Seine Wurzeln liegen in der jüdischen Apokalyptik, nach der zwei gegensätzliche kosmische Kräfte und Zeitalter existieren. Die gegenwärtige Welt wird nach apokalyptischen Vorstellungen vom Satan regiert. Dabei wird prophezeit, dass Gott das Böse besiegen und ein ewiges und vollkommenes Zeitalter anbrechen wird, an dem aber nur gute Menschen teilhaben dürfen. Die Chiliasten haben die Zeitspanne des vollkommenen Zeitalters im Einklang mit biblischen Texten auf tausend Jahre begrenzt. Die Urchristen waren allesamt Chiliasten, aber in späterer Zeit verlor der Chiliasmus jedoch schnell an Bedeutung und die meisten Reformatoren lehnten seine Ideen ab. Im 17. Jahrhundert fanden chiliastische Grundzüge Einzug in den Pietismus. In der Moderne glauben zum Beispiel Adventisten, Zeugen Jehovas und Mormonen an das Tausendjährige Reich, wobei über seinen genauen Charakter Uneinigkeit zwischen diesen Religionen herrscht.)). Müntzer begann bald mit dieser Bewegung zu sympathisieren und so kam es zu Differenzen mit dem Zwickauer Rat. Müntzer wurde beurlaubt, als es zu ersten Unruhen kam. 1521 verließ er Zwickau und unternahm Missionsreisen nach Böhmen. Er wirkte unter anderem in Prag, wo er aber auch bald wieder Predigtverbot erhielt. Vermutlich kam er hier mit den Ideen der Hussitenbewegung in Kontakt.
1523 erhielt Thomas Müntzer eine Pfarrstelle in Allstedt bei Sangerhausen. Hier entstand die erste deutschsprachige Gottesdienstordnung. Graf Ernst I. von Mansfeld, der auch sonst im Umgang mit seinen Untertanen nicht zimperlich war, untersagte diesen den Besuch der Gottesdienste Müntzers. Dies und die differenten Ansichten Müntzers und des Grafen führten zu einer offenen Feindschaft beider Persönlichkeiten. Thomas Müntzer sprach offen aus, was die Bauern der Grafschaft Mansfeld dachten. Über Ernst von Mansfeld sagte er: „Du bist der Christenheit nichts nutze, du bist ein schädlicher Staubbesen der Freunde Gottes“.
Das konnte und wollte der Graf von Mansfeld nicht dulden. Müntzer erhielt die Möglichkeit, sich vor einer vom Kurfürsten Friedrich eingesetzten Kommission zu äußern. Er nutzte die Gelegenheit und hielt vor den sächsischen Regenten am 13. Juli 1524 auf Schloss Allstedt seine so genannte Allstedter Fürstenpredigt, in der für menschliche Gerechtigkeit vor dem Weltuntergang plädierte. Damit isolierte sich Müntzer endgültig von den Oberhäuptern in Staat und Kirche. Von Martin Luther – den rechtlosen und unter schlimmer Ausbeutung lebenden Bauern das Recht auf Selbstbestimmung absprechend – öffentlich angegriffen, floh er nach Mühlhausen in Thüringen.
Für die Bauern war ihre Situation schon seit längerer Zeit immer weniger erträglich geworden. Während sich im 14. Jahrhundert der Lebensstandard des Bauernstandes langsam verbesserte, weil er seine Produkte – Vieh, Getreide und Gemüse, aber auch Nutzpflanzen wie Hanf oder Flachs – problemlos zu guten Preisen an die an die immer zahlreicher werdenden Städter verkaufen konnte. Zu dieser Zeit konnte sich der Bauer auch sonst einer gewissen Freiheit erfreuen, da die Fronlasten nicht so hoch waren und teilweise durch Geldzahlungen abgelöst werden konnten.
Bereits im 15. Jahrhundert verschlechterte sich das Los der Bauern aber noch weiter. Es kam aus heute nicht mehr erklärbaren Gründen zu einem Preisverfall für landwirtschaftliche Produkte und Missernten häuften sich. Außerdem entstanden durch die insbesondere im Süden und der Mitte Deutschlands angewandte Realerbteilung – die Erbschaft wurde unter allen Erbberechtigten gleichmäßig aufgeteilt – immer kleinere Landwirtschaften, die zwangsläufig irgendwann nicht mehr überlebensfähig waren. Dazu kam, dass der Adel – auch ihm ging es mittlerweile wirtschaftlich schlechter – seine Ansprüche gegenüber den Bauern verschärfte.
Auch der Adel hatte seine Probleme mit der Realerbteilung, wie bei der Grafschaft Mansfeld beispielhaft deutlich wird. Deutschland war ein territorialer Flickenteppich geworden: Lauter Klein- und Kleinststaaten, kaum lebensfähig und oft untereinander verfeindet. Die Abgabenlast wurde deutlich erhöht. Adel und Klerus beanspruchten nun auch den Wald meist vollständig für sich: Es war den Bauern verboten, ihr Vieh zur Mast in die Wälder zu treiben. Es wurde untersagt, das Wild von den Feldern zu verjagen. Mancher Adelige ging sogar soweit, dass die Bauern ihren Hunden eine Vorderpfote auslösen mussten, damit diese nicht dem Wild hinterher jagen konnten. Herrschaftliche Jagden gingen oft über die Felder der Bauern.
Neben der Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation traf die Bauern auch eine zunehmende Verachtung durch alle anderen Gesellschaftsschichten. Der Adel – so die Vorstellung – war ohnehin von Gott erschaffen und damit über jede Kritik erhaben. Das entstehende Bürgertum hatte ebenfalls an Selbstbewusstsein gewonnen und einige reiche Kaufleute konnten sich sogar einen ihnen genehmen Kaiser kaufen. Der Bauernstand aber galt als dumm, schmutzig und hinterhältig. Zeitgenössische Spielleute nannten die Bauern in ihren Stücken Heinz Mist oder Michael Nasenstank.
Unglaublich, wenn man bedenkt, dass das Deutsche Reich nach wie vor ein Agrarstaat war und alle – Adel, Handwerker und Kaufmann – vom Bauern und dem Gelingen seiner Arbeit auf Gedeih und Verderb ausgesetzt waren. Der Bauer wurde betrogen und schikaniert, wo immer es ging. In der herrschaftlichen Mühle wurde mit falschem Maß gemessen. Die Landesherren forderten einen “Stechgroschen” vor der Hochzeit, manche auch das Recht der ersten Nacht. War ein Bauer gestorben, stand auch schon ein Büttel des Grafen vor der Tür und forderte das Besthaupt, meist das beste Stück Vieh.
1524 griffen die Bauern in Mitteldeutschland zu den Waffen – und es kam zum Bauernkrieg. Thomas Müntzer, davon überzeugt, dass Gerechtigkeit nur mit Waffengewalt eingefordert werden kann, stellte sich auf die Seite der aufständischen Bauern. Anfangs waren die Bauernheere auch siegreich. Ihre Wut über Adel und Kirche ließen sie an etlichen Klöstern und Burgen aus. So wurde das Kloster Walkenried am Südrand des Harzes geplündert und bis auf die Grundmauern zerstört.
Auch in Grafschaft Mansfeld wurden alle Klöster geplündert. Bald jedoch konnte sich der Adel formieren und das Kriegsglück änderte sich zugunsten der Adeligen. Auch Martin Luther wandte sich gegen die aufständischen Bauern: „wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern […] man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffendlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss.“
Müntzers Bauernheer wurde im Mai 1525 auf dem Schlachtberg bei Bad Frankenhausen vernichtend geschlagen. Thomas Müntzer wurde gefangen genommen, in die Wasserburg Heldrungen gebracht und am 27. Mai 1525 vor den Toren der Stadt Mühlhausen in Thüringen hingerichtet. Die Henker Müntzers konnten sich des Segens der Kirche sicher sein, denn selbst der Protestant Martin Luther zementierte die gesellschaftlichen Verhältnisse mit dem Glaubenssatz: „Seid untertan der Obrigkeit.“
Müntzers Glaubensprinzip beruhte auf einer mystischen Gotteserfahrung und damit auf Visionen und Träumen. Nach seiner Weltsicht stand die Bibel als Heilige Schrift über jeder kirchlichen Autorität. Damit stand er seinem Zeitgenossen Martin Luther sehr nahe, war diesem aber in mancher Beziehung weit voraus. Es ist uns heute kaum mehr möglich, die Bedeutung Thomas Müntzers richtig zu bewerten.
Sein Wirken war über die Jahrhunderte vielfacher tendenzieller Anfeindung, angefangen bei Luther und dem im Bauernkrieg überlegenen Adel, aber auch kritikloser Bewunderung, wie in den Jahren der DDR, ausgesetzt. Thomas Müntzer war kein biblischer Eiferer um der Bibel willen. Er sah die Missstände seiner Zeit und kämpfte für deren Beseitigung. Dem Adel gab er folgendes mit auf den Weg: „Ein gottloser Mensch hat kein Recht zu leben, wo er die Frommen behindert […] wie uns essen und trinken ein Lebensmittel ist, so ist es auch das Schwert, um die Gottlosen zu vertilgen. Jesus sei in einem Viehstall geboren; er stehe auf Seiten der Armen und Unterdrückten.“
Eine umfassende Abhandlung zur Geschichte des Großen Bauernkrieges in Mitteldeutschland finden Sie auf dieser Internetseite unter: Der Große Deutsche Bauernkrieg und die Rolle des Predigers Thomas Müntzer in Mitteldeutschland.
Externe Links:
Der Deutsche Bauernkrieg – WIKIPEDIA
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Bauernkrieg
Weiterführende Literatur:
Fischer-Fabian, S.:
„Ritter, Tod und Teufel
Die Deutschen im späten Mittelalter“
Verlagsguppe Lübbe, Bergisch-Gladbach
1. Auflage 2004
ISBN 3 404 64204 X
Zimmermann, W.:
„Der Grosse Deutsche Bauernkrieg
Volksausgabe“
Dietz Verlag Berlin
10. Auflage 1984
Best.-Nr. 736 178 6