Die Lutherstadt Eisleben, bis zur Kreisgebietsreform in Sachsen-Anhalt im Juli 2007 Sitz des Landrates des Mansfelder Landes, liegt am Westrand der Mansfelder Mulde. Eisleben ist reich an Traditionen. Jahrhundertelang wurde in der Region Bergbau auf Kupferschiefer betrieben, der dem Ort einen gewissen Wohlstand brachte. Die Stadt ist aber auch Geburts- und Sterbeort des Reformators Martin Luther. Aber auch die Grafen von Mansfeld haben den Ort geprägt.
Die Gründung Eislebens geht, wie archäologische Funde beweisen, bis in das sechste nachchristliche Jahrhundert zurück. Eine erste urkundliche Erwähnung der Siedlung erfolgte im 8. Jahrhundert. Eisleben war damals – wie die meisten Orte der Region – gegenüber dem Kloster Hersfeld zinspflichtig. Im Hersfelder Zehntverzeichnis erscheint der Ort als Eslebo – möglicherweise bezieht sich dieser Name aber auch auf das unweit gelegene Aseleben. Später wurde der Ort auch in den Formen Islebo, Gisleva, Isleven, Ysleben und Isleubin geschrieben. Erst in den Jahren 1524 und 1541 taucht der Name Eissleben beziehungsweise Eyslebenn auf.
Eine erste Blütezeit erlebte Eisleben um das Jahr 950 mit der Verleihung von Markt-, Zoll- und Münzrechten unter dem Deutschen König und späterem Kaiser Heinrich III. Eisleben war zu jener Zeit königliches Tafelgut. Das Stadtrecht wurde Eisleben etwa zweihundert Jahre später zuerkannt, denn bereits im Jahre 1180 wurden die Einwohner als cives, also Bürger, bezeichnet. Etwa um die gleiche Zeit errichteten die Bürger Eislebens eine feste Stadtmauer zum Schutze ihrer städtischen Vorrechte. Die hochmittelalterliche Stadtmauer umfriedete eine Fläche von ungefähr 7 Hektar, vergleichbar der Größe von etwa neun Fußballfeldern.
Die Stadtmauer wurde 1286 erstmals urkundlich genannt. Ein wichtiger Teil des hochmittelalterlichen Befestigungssystems war die heute nicht mehr existierende Wasserburg an der nordöstlichen Seite der Altstadt, dem heutigen Schlossplatz. Die Gründung der Wasserburg geht aber wahrscheinlich schon auf das 10. Jahrhundert zurück. Infolge der damaligen Bedeutung der Region ist es nicht verwunderlich, dass auch Eisleben bald zum Spielball divergierender politischer Interessen wurde. So ist Graf Hermann von Salm-Luxemburg im Jahre 1081 in Eisleben von den Sachsen zum Gegenkönig Heinrichs IV. gewählt worden. Er hat von 1081 bis 1083 in Eisleben residiert. Am Rathaus – und zwar auf der Seite zur Kirche St. Andreas – ist das Antlitz Graf Hermanns als kleines, fast unscheinbares Relief verewigt. Im Volksmund wird dieses Relief Knoblauchkönig genannt.
Von der befestigten Stadt und der Burg erhofften sich immer mehr Menschen Schutz in den immer unsicherer und kriegerischer werdenden Zeiten. Schon bald entstand eine erste zusätzliche Ansiedlung an der Nordseite der Altstadt, außerhalb der Stadtmauern. Die Bewohner der Vorstadt – oft zugewanderte Flamen und Friesländer – bauten sich eine eigene Pfarrkirche, die Kirche St. Nikolai. Ebenfalls sehr alt ist auch die Ansiedlung um die Kirche St. Petri-Pauli. Diese zwei Kirchen sind aber jünger als St. Andreas oberhalb des Rathauses. Einen weiteren Wachstumsschub erhielt die Stadt nach der Mitte des 14. Jahrhunderts.
In den Jahren 1342 und 1362 suchten Söldner der Bischöfe von Halberstadt die Umgebung Eislebens heim. Die Stadt wurde belagert, doch besonders hart traf es die Bewohner der umliegenden Dörfer. Die kriegerischen Auseinandersetzungen führten dazu, dass die Bauern dieser Dörfer sich ebenfalls in unmittelbarer Nähe der einen gewissen Schutz bietenden Stadt ansiedelten. Da die so entstandenen Vorstädte keine eigenen Befestigungsanlagen hatten, begannen die Bürger Eislebens im 15. Jahrhundert damit, auch zumindest einen Teil der Vorstädte einzufrieden. Der alte Mauerring wurde erweitert, neue Stadttore errichtet und die alten, weiter innen liegenden, abgebrochen.
Die Umfriedung dieser neuen Ansiedlungen war zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges abgeschlossen. Das starke Wachstum Eislebens sorgte aber gelegentlich auch für Missstimmung. Graf Albrecht von Mansfeld-Hinterort führte den Kupferschieferbergbau zu einer ersten Blütezeit. Der ständig steigende Bedarf an Fachpersonal führte zum Zuzug von Bergknappen aus Thüringen. Diese siedelte Albrecht ab 1511 im Gebiet des heutigen Breiten Weges an. Der Zuzug muss bedeutend gewesen sein, denn bald wurde eine eigene Pfarrkirche, nämlich St. Anna, erbaut. Graf Albrecht – ein sehr eigenwilliger Charakter – verlieh dieser Ansiedlung, allerdings ohne die Zustimmung des Kaisers und seiner Vettern eingeholt zu haben, das Stadtrecht. Kaiser Maximilian gebot dem Grafen unter Androhung der Ungnade, die Verleihung des Stadtrechtes zurückzunehmen. 1535 gingen die mit dieser Sache betrauten juristischen Fakultäten der Universitäten Ingolstadt und Tübingen sogar soweit, dass die neue Ansiedlung vollständig zu zerstören sei.
Sie führten an, dass nach geltendem sächsischen Recht im Umkreis von einer Meile (Anmerkung des Autors: in Sachsen bis 1722 immerhin 9.062,08 Meter) keine Stadt neben einer anderen errichtet werden dürfe. Albrecht kam diesen Aufforderungen nicht nach. Erst durch Martin Luthers Verhandlungsgeschick kam es im Jahre 1546 zu einem Vergleich: Die Ansiedlung durfte sich Neustadt nennen und auch einen Rat und Bürgermeister einsetzen, weitere städtische Rechte blieben ihr jedoch verwehrt. Nach dem Tode Albrechts nahm die Selbständigkeit der Neustadt sogar noch zu. Die Neustadt erhielt ein eigenes Rathaus, ein eigenes Siegel und eigene Märkte. Erst zur Zeit des Königreiches Westfalen, zwischen 1807 und 1813, wurde die Neustadt an Eisleben angegliedert. Über eine Befestigung der Neustadt lässt sich heute keine Aussage mehr treffen. Eine Art Umfriedung wird sie aber aufgewiesen haben, da von mehreren Toren in der Neustadt berichtet wurde.
Mit der Gründung der Neustadt war das Wachstum des Siedlungsgsraumes Eisleben für einige Jahrhunderte im Wesentlichen abgeschlossen. Die Bautätigkeit beschränkte sich nun auf städtische und private aber auch sakrale Gebäude. Das neu errichtete Rathaus und die Waage sowie Neubauten der Hauptkirchen und auch die Stadtschlösser der Grafen von Mansfeld gaben der Stadt ein ihrer Bedeutung gerecht werdendes Antlitz. Auch die Wasserversorgung wurde durch das Bohren von Brunnen und das Verlegen von Wasserleitungen verbessert. Der Bergbau brachte einigen Eislebener Familien beträchtlichen Reichtum. Davon zeugen noch heute die Ausstattungen der Pfarrkirchen und der campo santo mit seiner Kronenkirche.
Dieser Wohlstand fand am 18. August 1601 eine einschneidende Veränderung. An diesem Tag brach in Eisleben ein Großbrand aus. In den folgenden Tagen wurde ein Großteil der Stadt vom Feuer zerstört. 253 Bürgerhäuser, darunter viele besonders prächtige Bauten auf dem Markt, und etliche städtische Bauten fielen den Flammen zum Opfer. Zwar wurde Eisleben schon einmal im Jahre 1498 von einem Großfeuer heimgesucht. Großzügige Privilegien seitens der Grafen von Mansfeld und eine günstige wirtschaftliche Lage führten aber damals zu einem schnellen Wiederaufbau der Stadt. Nun jedoch hatten sich die Zeiten gewandelt: Die Grafen von Mansfeld waren untereinander verstritten, hoch verschuldet und sequestriert, furchtbare Seuchen gingen um und der Dreißigjährige Krieg stand bevor. An einen prachtvollen Wiederaufbau war unter diesen Umständen nicht zu denken.
Ein dritter Großbrand legte 19. Juli 1689 noch einmal 115 Gebäude in Schutt und Asche. Dazu kamen heftige Pestepidemien in den Jahren 1598, 1626 und nochmals 1681. Bei der Epidemie 1681 sollen allein 9000 Menschen verstorben sein. Damit war die Stadt nahezu entvölkert. Auch der furchtbare Dreißigjährige Krieg zwischen 1618 und 1648 hat Eisleben hart getroffen. Die Stadt mehrfach von kaiserlichen und schwedischen Truppen eingenommen. Bergbau, Handwerk und Handel lagen ebenso brach wie die Landwirtschaft. Eisleben sollte bis zur Gründung des Deutschen Reiches brauchen, bis es wieder zu alter Blüte gelangte. Erst nach 1850, mit dem massiven Einsetzen der Industrialisierung kam es wieder zu einem schwunghaften Wachstum der Stadt. Der Bergbau erlebte eine zweite Blüte, eine Eisenbahntrasse zwischen Halle an der Saale und Eisleben, später bis Kassel, wurde gebaut und zahlreiche Industrie- und Hüttenbetriebe errichtet. Die Einwohnerzahl Eislebens stieg rasant von etwa 5.300 im Jahre 1740 auf fast 24.000 im Jahre 1890 an.
Das starke Wachstum Eislebens zwang zur Investition in die städtische Infrastruktur. Kurz nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 erhielt Eisleben eine Post und einen Schlachthof ((Neben insbesondere strategisch wichtigen Teilen des Elsass und Lothringens hatte Frankreich nach dem verlorenen Krieg von 1870/71 auch noch eine Reparationszahlung von 5 Milliarden Francs an das Deutsche Reich abzugeben. Der größte Teil dieser Zahlung kam auf indirektem Wege der deutschen Wirtschaft und den Industriellen zugute, denn daraus wurden Infrastrukturmaßnahmen im neu erstandenen Deutschen Reich finanziert. Letztendlich resultierte aus dem französischen Blutgeld der wirtschaftliche Boom der Gründerzeit – und das Deutsche Reich wurde zu einer der bedeutendsten Volkswirtschaften dieser Zeit.)). Bereits 1883 wurde auf dem Schlossplatz ein neues Gymnasium errichtet, später folten noch etliche weitere Schulen. Im Jahre 1904 wurde der Neubau des städtischen Krankenhauses in der Hohetorstraße als Nachfolgebau des Krankenhauses von 1835 eingeweiht. Am 10. April 1900 verkehrte zum ersten Mal die elektrische Kleinbahn von Eisleben (-Helfta) über die Grunddörfer, Klostermansfeld, Mansfeld und Großörner nach Hettstedt. Wegen fehlender Rentabilität wurde diese Kleinbahn jedoch bereits im Dezember 1929 wieder eingestellt.
Im Ersten Weltkrieg hatte Eisleben schon 571 Gefallene zu beklagen. Grabstätten aus dieser Zeit sind noch heute auf dem Alten Friedhof, dem campo santo, zu sehen. Die Märzkämpfe des Jahres 1921 trafen auch Eisleben. Industriebetriebe wurden wegen der hohen Stimmanteile der Kommunisten bei den Wahlen zum Preußischen Landtag von der Polizei besetzt. Im Gegenzug kam es zu Plünderungen, Bankrauben, Brandstiftungen und Sabotageakten seitens bewaffneter Arbeiter unter der Führung von Max Hoelz. Ein weiterer dunkler Tag in der Geschichte der Stadt war der 12. Februar 1933.
An diesem Tag überfielen SA- und SS-Angehörige unter Ludolf von Alvensleben eine Arbeiterturnhalle, in der eine von der KPD organisierte Jugendweiheveranstaltung stattfand. Die SA- und SS-Leute schossen auf die Teilnehmer der Veranstaltung und schlugen – insbesondere mit Spaten – auf diese ein. Dieser als Eislebener Blutsonntag in die Geschichte eingegangene Überfall forderte 3 Tote und 25 Schwerverletzte. Die drei Toten waren Walter Schneider, Hans Seidel und Otto Helm. In der DDR schließlich wurden etliche der SA- und SS-Männer zu hohen Haftstrafen verurteilt. Einstweilen war die Machtergreifung der Nationalsozialisten aber nicht aufzuhalten.
Bereits 1940 gründete Robert Büchner, der seit seinen Jugendtagen als aktiver Kommunist arbeitete, die Antifaschistische Arbeitergruppe Mitteldeutschlands (AAM). Beim Zusammenbruch des Dritten Reiches wurde Büchner durch einen von ihm gegründeten Ausschuss zum Oberbürgermeister der Stadt Eisleben ernannt. Büchner hatte zweifellos ein großes Organisationstalent und so konnte er beim Einmarsch der amerikanischen Armee am 13. April 1945 eine voll funktionsfähige Stadtverwaltung vorweisen. Der Kommunist Büchner eckte jedoch bald bei den Amerikanern an. Am 21. Juni 1945 wurde Büchner seines Postens enthoben.
Gleichzeitig ging in Eisleben das Gerücht um, dass bald sowjetische Soldaten in Eisleben einmarschieren und die Amerikaner als Besatzungstruppen ablösen würden. Robert Büchner hatte in diesen Tagen den Gedanken, die Rote Armee mit einem Lenindenkmal, aufgestellt in zentraler Lage am Plan, zu begrüßen. Büchner organisierte tatsächlich den Transport des Lenindenkmals – diese Bronzestatue sollte eigentlich unter dem NS-Regime zu Kriegszwecken eingeschmolzen werden – von der Krughütte zum Plan. Das Lenindenkmal wurde noch vor den Augen der Amerikaner auf einen Sockel, der mit einer roten Fahne überdeckt war, aufgestellt. Am nächsten Tag, es war der 2. Juli 1945, fand der Wechsel der Besatzungstruppen statt.
Die Rotarmisten wurden – wie von Büchner geplant – von IHREM Revolutionsführer begrüßt. Büchner begrüßte am folgenden Tag die sowjetischen Kommandeure persönlich und bot ihnen umfassende Zusammenarbeit an. Das gute Verhältnis Robert Büchners zur Roten Armee war unter den gegebenen und von den Deutschen ohnehin nicht zu beeinflussenden Umständen segensreich für die Stadt Eisleben und ihre Bürger. Bald wurde das Theater wieder eröffnet und auch sonst begann sich das Leben wieder zu normalisieren. Seit 1946 darf sich die Stadt Lutherstadt Eisleben nennen.
Die Jahre der DDR waren für Eisleben wieder Jahre des Bevölkerungswachstums. Mit der gesellschaftlichen Wende der Jahre 1989/90 veränderte sich jedoch die wirtschaftliche Situation drastisch. Im August und September wurden letzten Kupferschieferschächte in der Sangerhäuser Mulde geschlossen – trotz einer festen Zusage seitens des letzten Wirtschaftsministeriums der DDR, diese zu erhalten. Auch die Hüttenbetriebe Eislebens wurden geschlossen. Alle anderen Industriebetriebe kamen in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so dass innerhalb kürzester Zeit fast alle Industriearbeitsplätze verloren gingen. Damit verbunden war eine massive Abwanderung von Menschen in die alten Bundesländer, ein Trend der bis heute anhält. Die Bevölkerungszahl Eislebens ist wieder unter die des Jahres 1890 gefallen.