Zuletzt geändert am 9. Dezember 2012 von Birk Karsten Ecke
Um die Geschichte der Grafschaft Mansfeld verstehen zu können, ist ein Exkurs bis in die Zeit der germanischen Völkerwanderung in der ersten Hälfte des ersten Jahrtausends unserer Zeitrechnung erforderlich. Nachdem das Thüringerreich im Jahre 531 in der Schlacht von Burgscheidungen durch anstürmende Sachsen und Franken zerschlagen wurde, ließen sich im heutigen Mansfelder Land die Sachsen nieder.
Während ein Teil von ihnen – gemeinsam mit den Langobarden – im Jahre 568 auf die Apenninenhalbinsel zogen, rückten Nordschwaben aus dem heutigen Land Brandenburg in das Gebiet vor. Aus dem Osten wanderten um das Jahr 600 die ersten Slawen ein. Die Namen ihrer Siedlungen beginnen mit Gor- oder enden auf -itz, -in oder -ow ((So zum Beispiel das Dorf Gorenzen. Gora bedeudet in den slawischen Sprachen Berg und da der Ort hoch liegt, bestehen aus meiner Sicht keine Zweifel daran, dass hier Slawen gesiedelt haben. Gorenzen ist sicher eine der am weitesten westlich gelegenen slawischen Ansiedlungen der Harzregion. Zumindest sind mir im Harz keine weiteren Orte mit slawischen Namensmerkmalen bekannt. Ein weiteres Beispiel ist das wüste Dorf Kämmeritz bei Walbeck, an das heute noch die Straßenbezeichnung Kämmeritzer Weg erinnert.)). Mit zunehmender Festigung des Frankenreiches wurden die Slawen jedoch zurückgedrängt und in der Ausübung ihrer Kultur behindert.
Im Jahre 747 rief Grifo, der Halbbruder des fränkischen major domus Pippin III., ((Der major domus – auch Hausmeier genannt – war im 7. und 8. Jahrhundert der oberste Amtsträger am fränkischen Hofe. Ursprünglich waren die Hausmeier Vorsteher der königlichen Güter und des Haushaltes. Später übernahmen sie das Kommando über das Heer und gewannen beträchtlichen politischen Einfluss bis zur praktischen Ausübung der Königsgewalt. Der Hausmeier Pippin III. setzte 751 kurzerhand König Childerich III. ab und ließ sich selbst zum König krönen. Es wurde kein neuer major domus eingesetzt.)) aus Gründen der eigenen Besitzstandswahrung die Sachsen zum Aufstand gegen das Frankenreich auf. Pippin III. besetzte 748 den Königssitz der Sachsen und führte ihren König Theoderich in die Gefangenschaft. Im unterworfenen Gebiet wurde die fränkische Gauverfassung eingeführt. Dies bedeutete die Einsetzung eines Gaugrafen als Ministerialen, der alle königlichen Pflichten in dem ihm zugewiesenen Gau wahrzunehmen hatte ((Ministeriale waren zur Zeit des Frankenreiches die Oberschicht der unfreien Dienstleute des Königs. Sie hatten Kriegs- oder Verwaltungsdienste zu leisten. Zum Bestreiten ihres Lebensunterhaltes erhielten sie Güter, die zuerst nicht vererbbar waren. Erst im 13. Jahrhundert zählten die Ministerialen zum Adel.)).
Der Name Mansfeld tauchte erstmals auf Urkunden des Jahres 973 auf, als die Bischöfe von Magdeburg mit dem Äbten von Fulda weite Besitzungen tauschten. In diese Zeit wird auch das Entstehen des Geschlechtes der Mansfelder fallen. Übrigens gibt es zur Entstehung der Grafschaft Mansfeld eine Sage.
Im Jahre 1079 übertrug Kaiser Heinrich IV. das Gaugrafenamt an die Mansfelder. Damit strafte der Kaiser die Wettiner ab, die das Amt bis dahin inne hatten, sich aber gegen ihn auflehnten. Das Verhältnis der Mansfelder gegenüber den Wettinern blieb für alle Zeiten äußerst gespannt.
Die Grafen von Mansfeld waren Reichsunmittelbare und damit nur dem Kaiser lehenspflichtig. Außerdem besaßen sie das Berg- und Münzrecht und übten die Gerichtsbarkeit aus. Die Grafen hatten dafür im Kriegsfall auf eigene Kosten ein Heereskontigent zu stellen. Die privilegierte Stellung des Grafengeschlechtes änderte sich mit dem Zerfall der kaiserlichen Zentralgewalt. In Folge dieser Entwicklung konnten die Wettiner Sachsen und die Erzbischöfe von Magdeburg ihren Einfluss in der Grafschaft auf- und ausbauen.
Der berühmteste der Mansfelder Grafen war Hoyer I., der Sohn des Gründers der Dynastie. Hoyer I. war wegen seiner außerordentlichen Befähigungen und seines Mutes der oberste Feldherr des Kaisers Heinrich V. Er fiel 1115 als er sein Heer gegen die Sachsen in der Schlacht bei Welfesholz führte. Mit dem Tode des ohne männliche Nachkommen verstorbenen Grafen Burchard I. übernahm dessen Schwiegersohn Burchard I. von Querfurt die Regentschaft und begründete damit den Mansfeld-Querfurter Stamm.
Die Mansfelder waren in ihren Anfangsjahren wirtschaftlich außerordentlich erfolgreich. Der 1199 einsetzende Kupferbergbau, für den bis etwa in das Jahr 1500 nur wenig finanzieller Aufwand betrieben werden musste, warf reiche Gewinne ab. Fast der gesamte Gewinn aus dem Bergbau kam den Grafen von Mansfeld zu Gute. Dafür gründeten sie aber auch eigene Hüttenbetriebe und Schachtanlagen.
Für den höheren Adel, zu dem die Grafen ja gehörten, war diese Art des Gelderwerbes zur damaligen Zeit nicht gerade gewöhnlich. Aus dem Reichtum, gepaart mit Loyalität gegenüber dem Kaiser und militärischem Geschick, folgte eine starke Position am kaiserlichen Hofe, politischer und wirtschaftlicher Einfluss und damit eine Stärkung der eigenen Machtposition im Gebiet zwischen Harz, Saale und Kyffhäuser.
Ein weiterer bedeutender Graf war Gebhard V., der im 15. Jahrhundert regierte. Unter ihm blühte der Bergbau auf, erste Montanhandelsgesellschaften entstanden und die Familie Luthers, die durch den Mansfelder Bergbau zu beträchtlichem Reichtum gelangte, kam nach Mansfeld. Obgleich die Grafschaft wirtschaftlich blühte und territorial enorm zulegte, zeigten sich erste Probleme.
Einerseits weckte die Grafschaft die Begehrlichkeit Magdeburgs und Sachsens, andererseits wirkten sich die Erbteilungen der Grafschaft durch den Kinderreichtum der Dynasten – keiner hatte weniger als sechs, manche aber auch zweiundzwanzig Kinder – negativ aus. Als Konsequenz einer ungeregelten Erbfolge regierten die Grafen meist gemeinschaftlich und ein Ältester wurde zum Sprecher berufen.
Mit dem Tode Volrads III. am Ende des 15. Jahrhunderts waren keine regierungsfähigen Nachkommen für die Erbfolge vorhanden, so dass Treuhänder die Regierungsgeschäfte führten. Diese drängten die ab 1501 mündigen Grafen zu einer großen Erbteilung, bei der die Grafschaft in drei Teile aufgeteilt wurde.
Neben dem Schloss Mansfeld blieben auch Jagd, Fischerei und der Bergbau im gemeinsamen Besitz und es tauchten zum ersten Male die Namen Vorderort, Mittelort und Hinterort für die drei Wohnschlösser auf der Mansfelder Festung auf. Die Grafen nannten sich von nun an entsprechend ihrem Wohnschloss von Mansfeld-Vorderort, von Mansfeld-Mittelort und von Mansfeld-Hinterort.
In den Jahren der Reformation wurde die Linie Mansfeld-Hinterort durch den Grafen Albrecht VII. von Mansfeld repräsentiert. Graf Albrecht war ein enger Freund Martin Luthers und bereits frühzeitig ein Anhänger des Reformationsgedankens. Für die Reformation brachte dieser Graf auch große persönliche Opfer. Dennoch unterdrückte er die Bauern und Bergleute in seinem Teil der Grafschaft in ähnlich brutaler Weise wie sein katholischer Verwandter Ernst II. von Mansfeld in Heldrungen.
Die vorderortsche Linie teilte bereits 1563 ihren Besitz erneut. Damit wurde endgültig der Niedergang der Grafschaft Mansfeld besiegelt. Eine Kommision stellte Schulden in Höhe von fast 2,75 Millionen Gulden fest. Da die ebenfalls verschuldeten Linien vom Mittel- und Hinterort nicht zahlen konnten, erzwangen die Gläubiger der sechs Grafen von Manfeld-Vorderort 1570 die Zwangsverwaltung dieses Teiles der Grafschaft.
Sachsen nutzte die Gelegenheit und übernahm einen Großteil der Grafschaft. So gelangten die Wettiner, die 500 Jahre zuvor ihr Lehen an die Mansfelder unter Druck der Zentralgewalt abgeben mussten, wieder in den Besitz desselben – Ironie des Schicksals. Drei Fünftel der Grafschaft gehörte nun zu Sachsen, zwei Fünftel zu Magedeburg und damit später zu Preußen. Jeder Lehnsherr setzte umgehend einen Verwalter ein, der offiziell im Namen der Grafen handelte, tatsächlich aber die Interessen seines Auftraggebers vertrat.
Der nicht ganz so hoch verschuldete Mittel- und Hinterort wurde unter Landesverwaltung gestellt, damit die Schulden aus den Einkünften der Grafen abgetragen werden konnten. Die Mittel- und Hinterortschen Linien starben im 17. Jahrhundert kinderlos aus. Obgleich es einzelnen Grafen gelang, einflussreiche Stellungen am Österreichischen und Spanischen Hofe einzunehmen und sogar die Reichsfürstenwürde zu erlangen, blieb die Aufhebung der Zwangsverwaltung unerreicht.
1780 verstarb der letzte Graf von Mansfeld-Vorderort-Bornstedt, einer katholischen Linie, ohne männliche Nachkommen – er verunglückte mit der Kutsche. Seine Tochter Marie Isabella von Mansfeld-Vorderort-Bornstedt heiratete 1771 den im ostbömischen Opocno im Adlergebirge residierenden Fürsten von Colloredo. 1789 verfügte der Kaiser in Wien eine Namens- und Wappenvereinigung der Häuser Colloredo und Mansfeld. Die Familie Colloredo-Mansfeld ist heute noch in Österreich und anderen Ländern vertreten. Siehe dazu auch ((Die Familie Colloredo-Mansfeld kämpft heute gerichtlich um das Renaissanceschloss Opocno im ostböhmischen Adlergebirge. Nach einem siebenjährigen Rechtsstreit vor dem Kreisgericht Rychnov bekam Kristina Colloredo-Mansfeld im Juni 2002 das Schloss der Familie zurück. Prags Justizminister kündigte Berufung gegen die Entscheidung des Gerichtes an. Der verhandelnde Richter Ondrej Ott begründetete sein Urteil wie folgt: „Es galt zu beurteilen, ob es zu einer Beschlagnahme des Eigentums als Folge einer Rassenverfolgung gekommen war. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Herrn Doktor Mansfeld, also dem Vater der Klägerin, die Staatsbürgerschaft nicht entzogen wurde.“ Quelle: Radio Prag, 13.06.2002.)).