Zuletzt geändert am 5. Juni 2022 von Birk Karsten Ecke
Eike von Repgow ist um das Jahr 1180 in Reppichau (heute Landkreis Anhalt-Bitterfeld) geboren, wann genau, ist heute nicht mehr herauszufinden. Leider ist über den Lebensweg des Eike von Repgow so gut wie nichts bekannt. Sein Vater und auch schon sein Großvater haben zur Besatzung der Burg Giebichenstein, in Halle an der Saale gelegen, gehört. Sicher war die Familie Eikes begütert. Eike von Repgow hat für damalige Verhältnisse eine außerordentlich gute Ausbildung genossen.
Er beherrschte die lateinische Sprache und war auch wissenschaftlich gebildet. Das wohlgemerkt zu einer Zeit, als in Mitteleuropa die wenigsten Herrscher überhaupt schreiben und rechnen konnten. Möglicherweise hat Eike an der Domschule in Magdeburg studiert. An der Domschule zu Magdeburg wurde neben der Scholastik ((Die Scholastik war im Mittelalter vom 11. bis zum 15. Jahrhundert die prägende Lehre. Sie versuchte die Antike Philosophie mit dem Christentum zu verbinden. Insbesondere die Klosterschulen haben sich um die Scholastik verdient gemacht. Als Scholastiker wurden deshalb zuerst die Lehrer der Klosterschulen bezeichnet. In späterer Zeit wurde die Bezeichnung für alle Lehrkräfte an Hochschulen verwendet.)) auch das Kirchenrecht gelehrt. Über einen Abschluss Eike von Repgows ist nichts bekannt. Jedoch ist sein Wirken bei Rechtshandlungen ab 1209 durch verschiedene Urkunden belegt. Teilweise trat er als Vorsitzender eines Gerichtes auf. In anderen Fällen hat er Überlassungsurkunden unterzeichnet. Immer jedoch im damaligen Ostsachsen, also dem Gebiet von Unterharz, Saale und Elbe.
Zwischen 1215 und 1218 ist Eike von Repgow in den Dienst der Askanier getreten. Die Askanier waren ein mächtiges Herrschergeschlecht und damit eng in den Streit zwischen Welfen und Staufern um den deutschen Königsthron eingebunden. Eike von Repgow stand auch dem Grafen Hoyer von Falkenstein in Rechtsfragen beratend zur Seite. Die Adelshöfe hatten damals einen großen Bedarf an rechtskundiger Beratung, denn es wurden laufend Stiftungen getätigt, Abkommen und Bündnisse geschlossen und natürlich – genau wie heute von Regierungen auch – aus praktischen Erwägungen heraus wieder annulliert.
Der Sachsenspiegel entstand zwischen 1220 und 1235. Urkundliche Nachrichten über Eike von Repgow enden jedoch bereits um 1233. Eikes Rechtsauffassung war im Prinzip durch das geprägt, was man heutzutage als gesunden Menschenverstand bezeichnet. Neben dem Landrecht regelte der Sachsenspiegel auch das Lehensrecht. Daneben fanden sich auch Anweisungen, die tägliche Verrichtungen der Leuten regelten, so wie etwa Brandschutzgesetze oder auch Vorfahrtsregelungen. So steht im Sachsenspiegel geschrieben: „Der leere Wagen soll dem beladenen ausweichen, der weniger beladene dem schwereren.“
Geschrieben wurde der Sachsenspiegel wahrscheinlich auf der Burg Falkenstein im Unterharz. Ursprünglich hatte Eike von Repgow eine lateinische Version des Rechtsbuches abgefasst. Auf Betreiben des bereits weiter oben erwähnten Grafen Hoyer von Falkenstein hat Eike von Repgow ihn dann in die deutsche Sprache übersetzt. So beginnt der Sachsenspiegel mit dem Vorwort:
„Nun danket allgemein
dem von Falkenstein,
der Graf Hoyer ist genannt,
dass ins Deutsche ist gewandt
dies Buch auf seinen Rat
Eike von Repgow es tat.“
Nach 1233 verlieren sich die Spuren Eike von Repgows im Dunkel der Geschichte. So bedeutsam sein Werk auch ist – über den Verfasser ist nur wenig bekannt. Eike hat seiner Nachwelt über sich selbst keine Nachrichten hinterlassen.
Wichtig ist, dass die Gesetzessammlung durch Eike von Repgow nicht neu verfasst wurde, sondern nur eine bereits gültige Rechtsauffassung konservierte. Jedenfalls war der Sachsenspiegel aber derart bedeutend, dass er erstmals im Jahre 1235 in Halle an der Saale zur Anwendung kam. Im Laufe der Jahre wuchs die Bedeutung des Rechtsbuches deutlich an, denn seine Regelungen wurden nach und nach im gesamten Norden und Osten Deutschlands sowie im Ostseeraum angewandt. Er war auch die Grundlage für den um 1275 in Süddeutschland verfassten Schwabenspiegel. Außerdem existierten Übersetzungen in verschiedene andere Sprachen.
In Teilen Deutschlands blieb der Sachsenspiegel als Gesetzeswerk bis 1806 gültig. In diesem Jahr wurde wegen der französischen Expansionspolitik in einigen Gebieten zumindest zeitweise Napoleons Code Civil eingeführt. In Sachsen, das in Folge des Wiener Kongresses 1814/15 große Gebiete an Preußen verlor, war der Sachsenspiegel bis 1865 gültig. In Preußen wurde er bereits 1794 abgelöst. Im Herzogtum Anhalt und in Thüringen blieb der Sachsenspiegel dagegen sogar bis zum 31. Dezember 1899 gültig.