Zuletzt geändert am 5. Juni 2022 von Birk Karsten Ecke
Cyriacus Spangenberg wurde am 7. Juni 1528 in Nordhausen als ältester Sohn des Johann Spangenberg geboren ((Seine Brüder waren: Jonas, später Arzt und ebenfalls in Eisleben lebend, Conrad, später Magister, und Michael, späterer Superintendent.)). Johann Spangenberg war der erste protestantische Prediger an der Kirche St. Blasii zu Nordhausen und mit Martin Luther und Philipp Melanchthon befreundet. Er war einer der Vorreiter der Reformation in Mitteldeutschland. Durch Einflussnahme Martin Luthers bei den Grafen von Mansfeld wurde Johann Spangenberg im Jahre 1546 Generalsuperintendent in der Bergbaustadt Eisleben. Cyriacus Spangenberg muss eine sehr gute Auffassungsgabe gehabt haben, denn bereits im Februar 1542 – er war zu diesem Zeitpunkt nicht einmal vierzehn Jahre alt – konnte er sich an der damals sehr renommierten Universität Wittenberg als Student einschreiben. Zweifellos halfen ihm dabei auch die Beziehungen seines Vaters zu Martin Luther und Philipp Melanchthon, denn der jugendliche Cyriacus Spangenberg bekam Unterricht von beiden.
Der Ausbruch des Schmalkaldischen Krieges im Jahre 1546, in den den Grafen von Mansfeld – wie etwa Graf Albrecht von Mansfeld auf protestantischer Seite – verwickelt waren, zwang den jungen Cyriacus Spangenberg zur Rückkehr nach Eisleben. Bald wurde er, selbst erst 19 Jahre alt, Lehrer am Gymnasium der Stadt. In diese Zeit fällt auch die erste Betätigung als Prediger. Weil sein Vater zusehends kränkelte, vertrat er ihn immer öfter beim Gottesdienst in der oberhalb des Rathauses gelegenen Kirche St. Andreas. Diese Leistung ist neben dem Lehramt nicht zu unterschätzen, denn es wurden bis zu viermal am Tage Gottesdienste abgehalten. Am 13. Juni 1550 verstarb Johann Spangenberg im Alter von 67 Jahren. Ob sein Tod mit der damals in Eisleben grassierenden Pest in Zusammenhang steht, ist heute nach über 450 Jahren nicht mehr nachvollziehbar.
Im selben Jahr erwarb Cyriacus Spangenberg den akademischen Grad des Magisters und er wurde als Prediger an die Kirche St. Andreas in Eisleben berufen. Allerdings hatte er unter den verschiedenen und oft gegensätzlichen Interessen der Mansfelder Grafen zu leiden: Nachdem er 1551 eine Predigt für das durch Georg von Mecklenburg belagerte protestantische Magdeburg und den dort im Kampf stehenden ebenfalls protestantischen Grafen Albrecht gehalten hatte, wurde er prompt von Graf Hans Georg von Mansfeld – einem eingefleischten Katholiken – aus dem Amt geworfen. Nunmehr arbeitslos, bewarb sich Cyriacus Spangenberg im Frühjahr 1552 in Schleusingen, worauf er seine alte Predigerstelle auch prompt zurückerhielt. Cyriacus Spangenberg heiratete im gleichen Jahr Eva Moshauer, die Tochter eines Ratsherren, was auf ein gewisses Ansehen des gerade einmal 24-jährigen schließen lässt. Nur ein Jahr später am 17. April 1553 – Cyriacus Spangenberg war zu dieser Zeit Prediger auf dem Schloss zu Eisleben – verstarb seine Frau. Ein weiterer Schicksalsschlag war der Tod seines Bruders Jonas, er war Arzt in Eisleben, nur wenige Tage später.
Möglicherweise hat Cyriacus Spangenberg wegen des Todes seiner Frau Ablenkung in der Arbeit gesucht. Er bewarb sich als Diakon der Grafen von Mansfeld, und damit um eine damals höherrangige Stelle, als er bisher als Prediger innehatte. Am 1. September des Jahres 1553 konnte er seine neue Stelle antreten. Cyriacus Spangenberg muss in diesem Amt noch viel Zeit gehabt haben, denn im Jahre 1555 brachte er für die Stadt Sangerhausen eine Chronik heraus. Nur ein Jahr später erschien eine Abhandlung über die Schlacht bei Welfesholz. Als Mitte Dezember 1559 der Schlossprediger und Dekan der Grafen von Mansfeld, Michael Coelius (oder Caelius) verstarb, konnte Cyriacus Spangenberg dessen Nachfolge antreten. Die neue Stelle bedeutete eine weitere gesellschaftliche Aufwertung. Spangenberg bekam einen Schreiber und einen Registraturgehilfen an seine Seite gestellt.
Die Stelle eines Generalsuperintendenten der Grafschaft Mansfeld lehnte Spangenberg ab und empfahl stattdessen die Einsetzung von Hieronimus Mencel. Diese Entscheidung sollte sich später für Spangenberg bitter rächen. Während einer Reise nach Antwerpen im Jahre besuchte Cyriacus Spangenberg den protestantischen Theologen Matthias Flacius ((Der Begriff Fläz wird auf das heftige Verhalten des Matthias Flacius bei den theologischen Disputen zurückgeführt.)). Flacius vertrat die harte theologische Ansicht, dass die Erbsünde untrennbar zum Wesen des Menschen gehören würde – und genau an dieser Ansicht entzündete sich ein erbitterter Streit, der später Vertreibung und sogar Lynchjustiz provozieren sollte. Spangenberg war bereits vorher ein glühender Anhänger und Verfechter der Lehre des Matthias Flacius.
Irgendwann im Laufe des Jahres 1568 ereilte Cyriacus Spangenberg ein weiterer Schicksalsschlag durch den Tod seines Sohnes. Spangenberg verrannte sich in den kommenden Jahren zusehends in den Flacianischen Streit (siehe Seite: Der Flacianische Streit oder der Streit um die Erbsünde und die Grafschaft Mansfeld). Dabei verfeindete er sich nicht nur mit seinem ehemaligen Lehrer Melanchthon, sondern auch mit zahlreichen Kirchenvertretern in der Grafschaft Mansfeld. Obwohl Flacius‘ Thesen durchaus mit der Einstellung Martin Luthers bezüglich der Erbsünde übereinstimmte, lehnte viele Theologen – auch Philipp Melanchthon – diese These ab. Sie waren stattdessen der Ansicht, dass der Mensch neben der göttlichen Fügung auch an seinem eigenen Wohlergehen arbeiten könne. Der Streit nahm immer heftigere Ausmaße an – und einer der Hauptgegner Spangenbergs war Superintendent Hieronimus Mencel.
Der Flacianische Streit wurde zuerst noch mit den Mitteln des Disputs und des Schriftverkehrs gehalten. Cyriacus Spangenberg nutze aber mit Genehmigung des Grafen Volrad von Mansfeld ab 1573 den Buchdruck, um seine Thesen massenhaft zu verbreiten. Die Grafen von Mansfeld – seit jeher uneins – waren in der Frage der Erbsünde selbstverständlich auch gespalten. Diese Unruhe übertrug sich auch auf die Untertanen der Grafen. Eines Tages erschien dann auch noch – man könnte fast sagen: wie der Teufel so will – Matthias Flacius persönlich in Mansfeld, was die ohnehin schon angeheizte Stimmung noch verschlechterte. Es kam zu handfesten Ausschreitungen der Anhänger beider Lager, so dass sowohl der Kurfürst von Sachsen als auch der Administrator von Magdeburg von der kurbrandenburgischen Seite in bestem Einvernehmen einen etwa 500 Mann starken Trupp Landsknechte in die Grafschaft marschieren ließen, um Ruhe zu stiften.
Die Landsknechte sorgten mit harter Hand und auch nicht unblutig umgehend für Ruhe in der Grafschaft. Eine größere Zahl der Anhänger Spangenbergs, darunter 17 Ratsherren, wurden auf der Burg Giebichenstein bei Halle an der Saale festgesetzt. Spangenberg – gerade noch rechtzeitig gewarnt – konnte in Frauenkleidern nach Sangerhausen fliehen. Graf Volrad von Mansfeld verschaffte ihm einen jährlichen Obolus als finanzielle Unterstützung. Alle Theologen, die im Flacianischen Streit zu ihm gehalten hatten, wurden aus der Grafschaft Mansfeld verjagt. In der Grafschaft kehrte erst einmal Ruhe ein, zumal Matthias Flacius im Jahre 1575 verstarb. Die Konkordienformel des Kurfürsten August von Sachsen („Vater August“) beendete 1577 für die Grafschaft Mansfeld, auch den kurbrandenburgischen Anteil, den Flacianischen Streit endgültig.
Für Cyriacus Spangenberg begann von nun an eine unstete Zeit der Wanderschaft. Im Jahre 1577 begleitete er den Grafen Volrad von Mansfeld nach Straßburg im Elsass. Volrad verstarb dort am Ende des folgenden Jahres. Erst 1581 erhielt er wieder eine feste Anstellung als Pfarrer im hessischen Schlitz. Diese Stelle wurde ihm 1590 wieder entzogen. Cyriacus Spangenberg zog darauf nach Vacha und 1595 wiederum nach Straßburg im Elsass, wo er von einem Neffen des Grafen Volrad von Mansfeld aufgenommen wurde. Noch immer stand Spangenberg unter scharfer Beobachtung: Die Stadt Frankfurt am Main verlangte von der Stadt Straßburg die Verweigerung der Bürgerrechte. Ob Spangenberg nach Schlitz jemals wieder eine feste Anstellung hatte, ist nicht bekannt. Am 10. Februar 1604 verstarb Cyriacus Spangenberg in Straßburg.
Wenngleich Cyriacus Spangenberg ein religiöser Eiferer war, der einiges an Zwietracht in die Grafschaft Mansfeld getragen hat, stehen seine Verdienste als Chronist der Grafen außer Zweifel. Die Studien zu seinem umfangreichen Werk „Mansfeldische Chronica“ begann Spangenberg im Jahre 1546. Cyriacus war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 18 Jahre alt. Die „Mansfeldische Chronica“ kam im Jahre 1572 heraus. Danach folgten noch mehrere große Schriften, wie etwa die „Querfurtische Chronica“, der „Adelsspiegel“, die „Hennebergische Chronica“ und nach seinem Tode die „Chronica der Grafen zu Holstein Schaumburg“. Dazu kamen im Jahre 1568 ein „Christlichs Gesangbüchlein“ sowie 1570 eine Sammlung von Liedpredigten.