Zuletzt geändert am 27. November 2012 von Birk Karsten Ecke
In der Lutherstadt Eisleben befinden sich am oberen Ende des Stadtparkes zwei sowjetische Soldatenfriedhöfe. Auffällig ist, dass in den Gräbern fast nur Unteroffiziere und Offiziere beigesetzt wurden. Alle Beigesetzten sind um die Jahreswende 1945/1946 verstorben. Mit diesen Friedhöfen hat es folgende Bewandtnis: Das Gebiet bis zur Elbe wurde gegen Ende des Zweiten Weltkrieges vom Westen aus durch amerikanische Truppen besetzt. Die Sowjetarmee drang von Osten bis zur Elbe vor. Im sächsischen Torgau an der Elbe kam es zum bekannten Treffen beider Truppen.
Eisleben war während des Zweiten Weltkrieges zum großen Lazarettstandort geworden. Das Hauptlazarett war im Bergbaukrankenhaus untergebracht. Aber auch das damals viel kleinere städtische Krankenhaus ((Das Bergbaukrankenhaus existierte bis kurz nach der Wiedervereinigung. Das städtische Krankenhaus wurde nach der Wiedervereinigung durch einen modernen Neubau deutlich erweitert. Es gehört heute zur HELIOS Gruppe.)), fast alle Schulen sowie das Wiesenhaus und andere größere Gasthäuser wurden zu Lazaretten umfunktioniert. Die Ärzte der Bergbau- und Hüttenstadt waren es gewöhnt, mit schweren Verletzungen umzugehen – und Eisleben war zumindest bis zum schnellen Vormarsch der Amerikaner nach der Schlacht um den Ruhrkessel ein sicherer Etappenort. Am 12. April 1945 übergab der Stadtkommandant Oberst Seeger die Stadt kampflos an die aus Richtung Wimmelburg anrückenden amerikanischen Truppen. Der Chef der Lazarette Dr. Hartung und der Oberbürgermeister Heinrich fuhren den Amerikanern mit einer weißen Fahne entgegen. Die Amerikaner zogen jedoch bereits am 2. Juli 1945 ihre Truppen in westlicher Richtung ab und überließen das Gebiet den sowjetischen Truppen.
Den Rotarmisten wurde während ihres Einmarsches in Eisleben übrigens eine besondere Ehre zuteil: Robert Büchner, überzeugter Kommunist und 1945 für kurze Zeit Oberbürgermeister von Eisleben organisierte kurzfristig die Aufstellung eines monumentalen Lenindenkmals aus Beutebeständen der Wehrmacht in zentraler Lage auf dem Plan. Dieser Freundschaftsbeweis sowie das Organisationstalent Büchners waren unter den gegebenen und von der breiten Masse der Bevölkerung nicht mehr zu beeinflussenden Umständen erst einmal nicht zum Schaden der Bürger Eislebens ((Robert Büchner organisierte in Eisleben einen stillen Widerstand gegen das NS-Regime. Als im April 1945 die amerikanischen Truppen in Eisleben einmarschierten, fanden sie bereits eine funktionsfähige Verwaltungsstruktur mit Büchner als Oberbürgermeister vor. Der Kommunist Büchner legte sich allerdings ständig mit den Amerikanern an. Deshalb wurde er am 21.06.1945 seines Postens als OB enthoben. Dennoch gelang ihm im Geheimen die Vorbereitung der Aufstellung des Lenindenkmals am Plan. Büchners gutes Verhältnis zur sowjetischen Kommandantur hatte für Eisleben gewisse Vorteile. Bald begann sich das Leben in der Stadt einigermaßen zu normalisieren. Im August 1945 öffnete das Theater wieder. Ab 1946 durfte sich Eisleben sogar mit dem Zusatz Lutherstadt schmücken)). Eisleben blieb auch unter den Besatzern erst einmal weiter Lazarettstandort und da die Sterblichkeit in den Lazaretten hoch war, suchte die sowjetische Kreiskommandantur nach geeigneten Standorten für angemessene Begräbnisstätten ((Verstorbene westalliierte Kriegsgefangene des Zweiten Weltkrieges wurden in ihre Heimatländer überführt.)).
Der sowjetische Soldatenfriedhof an der Friedensstraße
Die erste geeignete Anlage für einen Friedhof fand sich am Bahnhofsring unmittelbar neben der Abzweigung der Straße nach Querfurt. Der Friedhof wurde in einem Rondell untergebracht, das noch während des Dritten Reiches gemauert wurde und als Umrahmung für ein Siegesmonument dienen sollte. Innerhalb des Rondells fanden 42 Grabstätten ihren Platz. Alle Beigesetzten dieses Friedhofes waren Offiziere oder höherrangige Unteroffiziere und sind um die Jahreswende 1945/1946 im Lazarett in der Lutherstadt verstorben. Im März 1947 erhielt die Verwaltung der Lutherstadt Eisleben die Weisung, den Friedhof neu zu gestalten. Die Gräber erhielten daraufhin einen Grabstein, der von einem roten Sowjetstern gekrönt wurde sowie eine steinerne Einfassung.
Am hinteren Endes des Rondells des sowjetischen Soldatenfriedhofs in der Friedensstraße wurde ein Gedenkstein aufgestellt, der die folgende Inschrift in den kyrillischen Buchstaben der russischen Sprache trägt:
„Ewiger Ruhm
den Rotarmeesoldaten,
die im Kampf um die Heimat
1941-1945 gefallen sind.“
Die steinernen Tafeln mit den Namen und Daten der Beigesetzten wurden erst in späterer Zeit aufgelegt.
Der sowjetische Soldatenfriedhof am Carl-Eitz-Weg
Ein zweiter sowjetischer Soldatenfriedhof liegt etwas unterhalb des Amtsgerichtes gegenüber der Lutherschule zwischen Carl-Eitz-Weg und Stadtpark. Dieser Friedhof ist deutlich größer als der oben erwähnte. Auch in der Lutherschule am Stadtpark wurde in den letzten Kriegsmonaten ein Lazarett eingerichtet. Das Lazarett wurde noch nach Kriegsende von den amerikanischen und später von den sowjetischen Truppen weiter genutzt. Später richtete sich die Sowjetarmee im Knappschaftskrankenhaus ein.
An der Stelle dieses Ehrenfriedhofes bauten 1946 die Schüler der Lutherschule Kartoffeln an, um ihre Ernährungssituation in diesen schwierigen Zeiten zu verbessern. Später wurden seitens der Stadtverwaltung Ackerparzellen angelegt und zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet. Kurz darauf erhielt die Stadtverwaltung den Befehl, einen weiteren Ehrenfriedhof innerhalb der Stadtgrenzen einzurichten, auf dem die im gesamten Mansfelder Seekreis verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen und Fremdarbeiter beigesetzt werden sollten. Es handelte sich dabei überwiegend um Kriegsgefangene und Fremdarbeiter russischer und ukrainischer Nationalität, Polen und Rumänen. Diese waren meist auf oder neben den örtlichen Friedhöfen beerdigt.
Als Stelle für den Friedhof wurde der Platz gegenüber der Lutherschule ausgewählt. Die Ackerparzellen wurden Mitte Dezember 1947 gekündigt. Im März 1948 wurde auf einer Fläche von 35 x 35 Metern mit der Anlage des Ehrenfriedhofes begonnen. Die Exhumierung der Leichname hatten die jeweiligen Gemeinden vorzunehmen. Die Arbeiten durch die sowjetische Kreiskommandantur überwacht. Bei der Umbettung wurde auf den Rang der Verstorbenen geachtet: Offiziere erhielten Einzelgrabstellen und neue Särge. Alle anderen wurden in Mehrfachgrabstellen beigesetzt. Insgesamt wurden auf dem neuen Ehrenfriedhof 82 Grabstellen angelegt, in denen 375 Personen bestattet wurden.
Auf dem Friedhof wurde ein Obelisk errichtet, der einen großen roten Sowjetstern trägt. Auf der Vorderseite des Obelisken ist in den kyrillischen Buchstaben der russischen Sprache folgende Widmung eingeschnitten:
„Ewiges Gedenken
den sowjetischen Bürgern,
die durch Willkür
ums Leben gekommen sind
1941 – 1945“
Noch ein Tipp: Die Karte zeigt die exakte Position des Soldatenfriedhofs an der Friedensstraße. Eine bequeme Parkmöglichkeit bietet sich am Amtsgericht. Beide Soldatenfriedhöfe sind von dort aus in wenigen Minuten zu Fuß aus zu erreichen.